Von Psychologie aktuell Ressortleiterin "Frauen", Hildegard Mannheim.
Mehr Kinder braucht das Land, doch viele Paare bleiben ungewollt kinderlos. Je mehr sie es versuchen, desto weniger klappt es. Der Volksglaube besagt, es klappe erst dann mit dem Klapperstorch, wenn man innerlich loslasse, und das ist mehr als eine Legende. Vielmehr hat es etwas mit der körpereigenen Biologie zu tun.
Studien bestätigen den Eindruck!
Stress kann sich tatsächlich sehr negativ auf die Empfängnisbereitschaft auswirken. Chronische Stresszustände können die Funktion des Hypothalamus und anderer Regulationssysteme des Körpers beeinträchtigen.
Der Hypothalamus ist dabei jener Teil des Gehirns, der unter anderem die Hormonproduktion reguliert, und zwar auch jener Hormone, die für die Reifung der Eizellen mit entscheidend sind. Zudem spielt der Hypothalamus auch für den Testosteronspiegel der Männer eine Rolle.
Auch das Prolaktin ist wichtig!
Kurze Stressmomente spielen in Sachen Empfängnis keine Rolle. Erst chronischer Stress und anhaltende Spannungszutsände führen früher oder später zu Ungleichgewichten des Prolaktins und anderer Stoffe.
In der Konsequenz leiden Frauen unter Zyklusproblemen, auch hier unter einer schlechteren Eizellreifung, im Extremfall kommt es sogar zum Ausbleiben des Eisprungs. Bei den Männern führt chronischer Stress zu einer Verschlechterung im Spermiogramm.
Hat das biologisch einen Sinn?
Interessanterweise ist eine graduell herabgesetzte Empfängnisfähigkeit chronisch gestresster Frauen eine ziemlich schlaue biologische Reaktion der Natur.
In früheren Zeiten, als unsere Vorfahren noch in Höhlen lebten und Angst vor dem Säbelzahntiger haben mussten, war es wichtig, dass die Frauen nicht ausgerechnet dann schwanger wurden, wenn bedrohliche Lebensumstände herrschten.
Denn früher war man nicht wegen seines Chefs oder eines überzogenen Kontos gestresst, sondern aufgrund von Hunger, Stammeskämpfen und anderen existentiellen Bedrohungen. Es handelt sich also um eine ziemlich sinnvolle biologische Anpassung zum Schutz der Art als Ganzes.
Eines von mehreren Meta-Systemen!
In der Biologie finden sich immer wieder erstaunlich intelligent anmutende "Systeme", die außerhalb des menschlichen Willens liegen und offenbar der Sicherung der Art als Ganzes dienen. So werden nach Kriegen frappierenderweise mehr Jungen geboren als Mädchen, eine Kuriosität, über die der SPIEGEL bereit vor 65 Jahren im Heft 33/1950 berichtete.
Auch Homosexualität könnte Teil eines solchen Meta-Systems zur Artsicherung sein, wie das Magazin Nature 1999 feststellte. Die herabgesetzte Fruchtbarkeit von Frauen unter chronischem Stress gehört sicher mit in diese Reihe.
Was tun?
Der Rat sich "mal zu entspannen" führt allerdings kurzfristig nicht zum Ziel. Entspannung kann nicht erzwungen werden, denn das wäre das Gegenteil von Entspannung. Eine innere Lockerheit kann nur langsam und authentisch entwickelt werden und zwar, indem man sich sicher, geborgen und gut aufgehoben fühlt.
Erst dann kann das Loslassen einsetzen, dass auch der körpereigenen Biologie signalisiert: alles ist sicher, schwanger zu werden ist in Ordnung.
Und die Moral der Geschichte?
Wieder einmal lehrt uns also das Leben, dass wir es keineswegs komplett unter unserer individuellen Kontrolle haben. Da kann man noch so gesund essen, Sport treiben und Entspannungsverfahren anwenden. Manches ist einfach größer als wir einzelne, kleine Menschen - und das ist auch gut so.
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