Umgekehrte Psychologie: Warum Menschen oft das Gegenteil tun


Schon Adam wollte den Apfel nicht des Apfels wegen, sondern nur, weil er verboten war. / Bild: Flickr - r.nial.bradshaw

Vanessa Gruber

Es ist unfassbar ärgerlich, wenn unsere gutgemeinten Ratschläge missachtet werden und Leute genau das Gegenteil machen was wir wollen. Wenn man den Chef um eine ehestmögliche Rückmeldung bittet, lässt er sich scheinbar noch mehr Zeit. Rät man der Freundin von neuen Schuhen ab, kauft sie sie trotzdem. Warnen wir Kinder davor, die heiße Herdplatte nicht zu berühren, sind im nächsten Augenblick die Finger verbrannt. Sind Menschen also von Natur aus trotzig und uneinsichtig, oder ist es gar pure Absicht?

Umgekehrte Psychologie gibt Antwort auf dieses Verhalten und verrät die Schlüsselprinzipien:

 

Verbotene Früchte schmecken besser

„Adam war ein Mensch, er wollte den Apfel nicht des Apfels wegen, sondern nur, weil er verboten war“, so stellte Mark Twain einst fest.

Wenn uns jemand davon abrät oder gar verbietet gewisse Dinge zu tun, sehen wir uns in unserer Freiheit und Entscheidungskraft bedroht.  Dies motiviert uns, Macht und Kontrolle über die möglichen Chancen zurückzugewinnen und veranlasst uns dazu, das genaue Gegenteil zu tun. So zeigen einige Experimente und auch unsere persönlichen Erfahrungen, dass Spielzeug für Kinder immer dann am interessantesten wird, wenn andere damit spielen möchten. Auch der Romeo- und Julia-Effekt beruht auf diesem Prinzip: Je eher Eltern die Liebschaften ihrer Kinder verbieten, desto stärker entwickeln sich die Gefühle der Verliebten in den nächsten Jahren.

Egal was du machst, denk nicht an einen weißen Bären!

Seien es rosa Elefanten oder weiße Bären, wir haben es bereits alle vergeblich versucht: Wenn uns jemand beauftragt, nicht daran zu denken, scheint im gleichen Augenblick in unserem Gehirn ein ganzer Zirkus sein Zelt aufzuschlagen und mit rosa Elefanten und weißen Bären seine Show zum Besten zu geben.

Der Psychologe Daniel Wegner beauftragte Teilnehmer in seiner Studie, nicht an einen weißen Bären zu denken. Die folgenden fünf Minuten mussten die Teilnehmer alle Gedanken laut aussprechen und eine Klingel betätigen, wenn sie etwas über den weißen Bären dachten bzw. sagten. Im Durchschnitt kam der weiße Bär jede Minute mindestens einmal vor.  Nach den fünf Minuten war das Ergebnis noch drastischer: Die Studienteilnehmer dachten zweimal so oft an den weißen Bären, als Beteiligte,  die beauftragt wurden, wirklich an einen weißen Bären zu denken.

Die Erklärung hierfür: Wenn wir versuchen, bestimmte Gedanken zu verdrängen, passieren zwei Dinge in  unserem Gehirn. Der produktive Effekt ist, dass wir bewusst nach Gedanken suchen, die den weißen Bären ausschließen. Wir lassen also Gedanken über den weißen Bären nicht zu. Der kontraproduktive Effekt ist, dass unser Gehirn unterbewusst auf Fehlersuche geht.  Wir kontrollieren uns also selbst, ob wir auch wirklich nicht an den weißen Bären denken.

Ich weiß es ja nicht wie es euch geht, aber in meinem Kopf tanzt gerade ein weißer Bär.

Neugierde: Was wäre wohl, wenn…?

Umgekehrte Psychologie:  Wer von euch hat es schon mal versucht? Oder macht es gar regelmäßig?

Geht es um die Frage über einen neuen Haarschnitt, oder über einen neuen Job. Egal wozu wir raten, gewisse Personen scheinen tatsächlich darauf abzuzielen, das exakte Gegenteil unseres Ratschlages zu tun. Warum sollten wir das also nicht für uns nutzen und die Methode der umgekehrten Psychologie anwenden? Wenn man also den neuen Haarschnitt der Freundin lobt, obwohl er ihr wirklich nicht gut steht, stehen die Chancen also gut, dass diese die Frisur bald wieder ändert –  und das zu unserem und ihrem Vorteil.

Nachweislich verwenden wir diese Strategie öfter als bisher angenommen: In einer Studie mit 159 Beteiligten konnte Psychologen feststellen, dass mehr als zwei Drittel 1-2 mal pro Monat Freunden oder Bekannten zum Gegenteil raten. (Aus gutem Zweck natürlich.)

Das nächste Mal…

Wenn wir also eine Empfehlung oder Warnung  missachten, sollten wir uns am besten selbst fragen, ob das wirklich eine gute Idee ist. Vielleicht wollten wir ja nur unsere Entscheidungskraft und Freiheit zurückerlangen und schaden uns dabei selbst.

[V. Gruber - SuperMED]


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