Gespräch mit Dr. Horst Heidbrink vom Institut für Psychologie an der Fernuniversität Hagen über Partnerschaft und die Suche nach dem Traumpartner, über falsche Erwartungen und Enttäuschungen. Horst Heidbrink beschäftigt sich vor allem mit Moralentwicklung und der Entwicklung sozialer Beziehungen (Freundschaft, Liebe, "virtuelle" Beziehungen).
GESUND: Wird unsere Gesellschaft immer einsamer?
Dr. Horst Heidbrink: Wir wissen, dass es relativ viele Menschen gibt, die sich engere Freundschaften wünschen. In einer Allensbach-Befragung von 2014 gaben 13 Prozent an, keine guten Freunde zu haben, 27 Prozent hatten keine beste Freundin bzw. Freund. Möglicherweise ist die Tendenz steigend, auf jeden Fall nimmt die Einsamkeit mit dem Lebensalter zu – und unsere Lebenserwartung erhöht sich ja immer noch.
GESUND: Viele Menschen fühlen sich einsam, weil sie keinen Lebenspartner haben. Worauf sollte ich achten, wenn ich über Partnerdienste im Internet nach jemanden suche?
Heidbrink: Zunächst muss man sich einen seriösen Anbieter suchen, der also zum Beispiel keine falschen Identitäten zulässt oder Kontakte unter teuren Telefonnummern anpreist. Dann sollte man sich genau über seine Eigenschaften und Interessen klar werden und diese in seinem Profil ehrlich angeben. Damit erhöht man die Chancen auf passende Vorschläge.
Traumpartner im Internet
GESUND: Wie groß sind denn die Chancen auf eine erfolgreiche Vermittlung?
Heidbrink: Präzise Erfolgsquoten der Partnervermittlungen sind schwer zu bekommen. Auch um den Matching-Prozess, also die Auswahl der zueinander passenden Profile, machen die Agenturen ein ziemliches Geheimnis. Immerhin kennt fast jeder ein Paar, das sich über solche Dienste kennengelernt hat. Die Partnerschaftssuche über das Internet hat sich in den letzten Jahren also etabliert, nicht nur bei jüngeren, sondern auch bei älteren Menschen. Manchmal tragen die Suchenden allerdings auch selbst ihren Teil dazu bei, dass es nicht klappt.
Ansprüche an einen Traumpartner
GESUND: Wie zum Beispiel?
Heidbrink: Indem sie ihre Ansprüche an einen Traumpartner hochschrauben oder immer weiter warten in der Hoffnung, dass sich noch etwas Besseres findet. Und schließlich kommt es ja nicht nur auf die Übereinstimmung der Interessensprofile an, sondern vor allem darauf, dass es gefühlsmäßig funkt.
Einsamkeit in der Partnerschaft
GESUND: Ist man in einer Partnerschaft wirklich sicherer, keine Einsamkeit erfahren zu müssen?
Heidbrink: Sicherer schon, aber natürlich kann man sich in einer zerrütteten Partnerschaft auch einsam fühlen. Freunde sind also wichtig, egal, ob wir in einer festen Partnerschaft leben oder nicht. Untersuchungen zeigen sehr deutlich die negativen Auswirkungen von Einsamkeit auf die Gesundheit, wobei wir deren Ausmaß vermutlich immer noch unterschätzen.
Freunde in der Online-Welt
GESUND: Können soziale Netzwerke wie Facebook in die Isolation führen, wenn Kontakte virtuell sind?
Heidbrink: Generell hat sich diese Vermutung nicht bestätigt. Sowohl unsere Untersuchungen als auch die Ergebnisse weltweit zeigen, dass Jugendliche und jüngere Erwachsene die meisten ihrer Online-Freunde und Bekannten zunächst in der "realen" Welt kennen gelernt haben und meist auch weiterhin real treffen. Wobei im Einzelfall die Gefahr eines Rückzugs aus der realen in eine "Online"-Welt nie auszuschließen ist.
Freunde finden
GESUND: Wie können wir neue Freunde finden?
Heidbrink: Freundschaft beruht ganz wesentlich auf gemeinsamen Interessen und Einstellungen. Neue Freunde finden wir also am ehesten dort, wo sich Leute treffen, die uns ähnlich sind. Wenn dann noch Sympathie hinzukommt, sind die Chancen gut. Damit es klappt, müssen wir allerdings etwas riskieren, zum Beispiel uns ein Stück weit dem anderen gegenüber öffnen. Mit dem Risiko, dass der sich doch nicht für uns interessiert. Aber auch mit der Chance auf eine neue Bekanntschaft oder gar Freundschaft.
Lesen Sie dazu im GESUND-Magazin: Einsamkeit überwinden
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