Von Sabine Posse
„So viel Presserummel sind sonst nur unsere Professoren gewohnt“, sagt Dr. Malte Persike. Ganz plötzlich ist der Dozent für Statistik und Methodenlehre am Psychologischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Am 23. April wird ihm in Hamburg der Ars-legendi-Preis 2012 für exzellente Hochschullehre in den Sozialwissenschaften durch den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und die Hochschulrektorenkonferenz verliehen. Die mit 50 000 Euro dotierte Auszeichnung teilt sich Persike mit Prof. Nina Kölsch-Bunzen von der Hochschule Esslingen.
Seit dem 15. Lebensjahr mit langen Haaren
„Ich bin total happy“, sagt der 36-Jährige mit gepflegtem Drei-Tage-Bart und Haarzopf darüber und verrät, dass er die Haare seit seinem 15. Lebensjahr über die Schulter wachsen lässt. Damals hat er noch in Meppen im Emsland, rund 100 Kilometer von der Nordseeküste entfernt gelebt. „Ich wusste nach der Schule überhaupt nicht, was ich machen soll“, gesteht er. Das BWL-Studium in Bayreuth sei eher eine Verlegenheitslösung gewesen, findet er im Nachhinein. Am Bahnhof habe er später von einer Studierenden eine Informationszeitschrift mit verschiedenen Studiengängen erhalten und sich spontan für Psychologie entschieden. „Ich habe nie wirklich geplant, irgendwie hat sich immer alles so ergeben.“ Mit 22 Jahren schreibt er sich an der Universität in Münster ein und erhält aufgrund seines regen Interesses an Computern einen Nebenjob als Hilfskraft, schreibt 20 Stunden die Woche Programme für Auswertungen und Experimente in der Statistik und Methodenlehre. Und wieder ist es die „Gegebenheit“, die seinen Lebenslauf verändert, als Prof. Dr. Günter Meinhardt eine Professur in Mainz erhält und Persike, der gerade sein Diplom in der Tasche hat, dort einbringen möchte. „Er hat versucht, mich wie einen Esel nach Mainz zu schaffen“, amüsiert sich Persike. 2004 gibt er nach, zieht nach Mainz und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der JGU. Anfangs habe er lange darüber nachgedacht, ob er sich von den Studis, wie er die Studierenden nennt, duzen lassen soll. „Ich glaube, ich bin der Einzige, der das zulässt“, bekennt Persike. Auch, um den Studis die Kommunikationsbarriere zu nehmen, denn das Fach Statistik „ist ein Abturner“, findet der Jeans- und Hemdträger. Viele der Teilnehmer hätten Mathematik bereits in der Schule abgewählt, gingen davon aus, dass Psychologie ausschließlich mit Menschen zu tun habe. Mit Statistik hätten sie einfach Berührungsängste.
Weniger Mathematik, mehr konzeptionelles Denken
Doch bei sechs Semestern bis zum Bachelor müssten alleine vier Semester mit dem Fach Statistik belegt werden. Statistik habe weniger mit Mathematik zu tun, sondern vielmehr mit konzeptionellem Denken.
Persike macht sich Gedanken, wie er Statistik seinen Studis vermitteln kann. Abends, kurz vor dem Einschlafen, kämen ihm die besten Ideen und weitere Anregungen erhalte er durch die Studis selbst. „Wir achten extrem darauf, dass die Studis in die Lehre mit eingebunden sind“, gibt er zu verstehen. Es gelte, mithilfe der Statistik die methodische Vorgehensweise kritisch zu hinterfragen. „Dinge nicht für wahr, sondern für wahrscheinlich zu halten.“