Schlafforschung Psychologen schreiben Albträume um

Während wir schlafen, träumen wir: vom letzten Urlaub am Meer, von einem schönen Erlebnis am Tag oder von der gemeinsamen Zeit mit guten Freunden. Aber auch nicht so positive Träume suchen uns heim - die Albträume.

"Ein Albtraum ist so definiert, dass es ein Traum ist, der zum einen sehr negative, sehr belastende Inhalte hat, in den allermeisten Fällen ist es Angst. Es muss aber nicht Angst sein, es kann auch starke Wut oder Ekel sein. Ein Traum, der in der Regel zum Erwachen führt, auf jeden Fall ein Traum, an den man sich sehr gut, detailliert erinnern kann und der eben aufgrund seiner negativen, schlimmen Erlebnisse auch sehr gut im Gedächtnis bleibt."

Es kommt vor, dass wir auch von positiven Träumen aufwachen, meist aber schnell wieder einschlafen. Bei Albträumen fällt das Einschlafen in der Regel schwerer, und sie bleiben länger im Gedächtnis, werden also besser erinnert als schöne Träume. Schlimme Erlebnissen festigen bestimmte neuronale Verbindungen im Gehirn stärker als schöne Ereignisse. Schreckliches brennt sich sozusagen ein im Gedächtnis. Zehn Prozent der Erwachsenen haben gelegentlich Albträume, fünf Prozent regelmäßig, das heißt ein Mal im Monat oder häufiger, sagt der Psychologe Reinhard Pietrowsky von der Universität Düsseldorf.

"Bei Personen, die wirklich von Albträumen betroffen sind, ist es eben so, dass sie auch am nächsten Tag oder sogar die nächsten Tage darunter leiden. Also dass sie sehr aufgewühlt sind, dass sie unkonzentriert sind, dass sie immer an den Albtraum denken müssen. Und zum Teil kann es auch dahin gehen, dass sie an sich zweifeln, dass sie sich Vorwürfe machen, dass sie sich vielleicht auch fragen, was ist mit mir nicht in Ordnung, was ist mit mir los, dass ich so schreckliche, so schlimme Träume habe. Und dann eben auch wirklich quasi sich selbst als Person oft infrage stellen."

Schlimme Elemente mit weniger bedrohlichen ersetzen

Weil Albträume oft mehrere Tage lang in Erinnerung bleiben, leiden die Betroffenen auch mehrere Tage an den Folgen. Dabei ist ihnen bewusst, dass ein Albtraum der Grund dafür ist. Wie Studien gezeigt haben, sind manche Menschen besonders anfällig für Albträume: künstlerisch begabte Personen, emotional labile und Menschen, die Traum und Wirklichkeit manchmal nicht eindeutig unterscheiden können. Mit zunehmendem Alter werden Albträume seltener. Lange Zeit gingen Wissenschaftler davon aus, dass Albträume keine Funktion haben.

"Aber in den letzten Jahren mehren sich eben doch die Annahmen, oder es gibt auch Theorien, dass Albträume auch eine Funktion haben können, dass die Albträume auch dazu dienen können, sich mit schwierigen Situationen, mit belastenden Situationen auseinander zu setzen und quasi so im Schlaf, im Traum, auch den Umgang mit ganz schrecklichen Situationen irgendwie zu üben, irgendwie zu trainieren, mit solchen schlimmen Situationen umzugehen."

Doch nicht alle Menschen, die Albträume haben, kommen damit alleine klar. Seit den 90er-Jahren nutzen Psychotherapeuten in solchen Fällen eine in den USA entwickelte Therapie, die Imagery Rehearsal Therapy. Dabei wird in mehreren Sitzungen der Albtraum umgeschrieben.

"Man nimmt die Elemente, die wirklich ganz schlimm sind, aus dem Albtraum heraus und ersetzt sie durch weniger bedrohliche Elemente. Und so wird dann quasi eine neue Traumgeschichte entwickelt, die eben nicht mehr ängstlich, nicht mehr bedrohlich ist, und diese Traumgeschichte wird immer wieder vorgestellt. Diese wiederholte Vorstellung führt dann dazu, dass sich dieser neue, nicht mehr bedrohliche Traumverlauf dann im Gedächtnis auf den Albtraum legt. Und das führt dann dazu, dass der ursprüngliche Albtraum seltener oder im günstigsten Fall gar nicht mehr geträumt wird."

Albträume werden deutlich weniger

Damit die Therapie zum Erfolg führt, dürfe das Drehbuch des Albtraums nur wenig umgeschrieben werden, eben genau an den schlimmsten Stellen. Wenn etwa der Betroffene im Albtraum von einem Hund gebissen wurde, so kommt im neuen Drehbuch der Hund noch vor, aber anstatt zuzubeißen, schleckt er den Betroffenen ab. Das immer und immer wieder bewusste Erinnern des Traums am Tag führe dann dazu, so Reinhard Pietrowsky, dass im Gehirn eine neue Assoziation geschaffen werde, die stärker ist als die alte, die negative, die schließlich von der neuen überschrieben wird. Der Albtraum hat dann seinen Schrecken verloren.

Die Düsseldorfer Psychologen haben die Therapie weiterentwickelt. Aus der Gruppen- wurde eine Einzeltherapie mit standardisiertem Ablauf. Acht Sitzungen inklusive Entspannungs- und Imaginationsübungen reichen in der Regel aus.

"Es funktioniert wirklich sehr gut, wir haben das an vielen hundert Patienten inzwischen gemacht. Es funktioniert wirklich bei allen und die Albträume werden deutlich weniger."

Im Durchschnitt halbiert sich ihre Anzahl. Andere Forschergruppen in Frankfurt am Main oder in den Niederlanden erzielten ähnliche Ergebnisse. Was in der Therapie bei einem Albtraum angewendet und erlernt wurde, können viele Patienten dann auf andere Albträume übertragen und auch diese in weniger bedrohliche Träume umwandeln. Dabei helfe es auch, Stress zu vermeiden. Wer sich keiner Dauerbelastung aussetze, so Reinhard Pietrowsky, der könne den Albträumen in gewisser Weise vorbeugen.

 

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