© © Gregor Schuster/Corbis
Schottisches Karo heißt: Jeder Penny wird dreimal umgedreht. Daran wird sich auch nach dem Scheitern des Referendums für eine Unabhängigkeit von England nichts ändern.
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Schottisches Karo heißt: Jeder Penny wird dreimal umgedreht. Daran wird sich auch nach dem Scheitern des Referendums für eine Unabhängigkeit von England nichts ändern.
Der vielleicht berühmteste Schotte aller Zeiten wurde 1867 in Glasgow geboren. Zum zehnten Geburtstag bekam er vom Vater einen Schuhputzkasten, damit er die arme Familie finanziell unterstütze. Noch am selben Tag verdiente er seinen ersten Glückszehner, den er sein Leben lang behütete. Die Rede ist von Dagobert Duck, dem Prototyp des Pfennigfuchsers.
Woher das Klischee vom geizigen Schotten kommt, ist unklar. Die geläufigste Erklärung ist, dass bei den einst armen Nordbriten das Geld im Vergleich zu ihren englischen Nachbarn weniger locker sitzt. Tatsächlich gibt ein Schotte noch heute in der Woche im Schnitt rund sechzig Euro weniger aus als jemand, der südlich des Solway Firth ansässig ist. Doch ist dessen Vermögen im Mittel auch vierzig Prozent höher. Geizig ist aber nicht jemand, der möglichst wenig zahlen will, sondern jemand, der das nicht will, obwohl er es könnte.
Knausrig Kinder und entsprechende Eltern
Richtig ist, dass geiziges Verhalten seine Wurzeln in der Herkunft haben kann. „Man geht heute von einer sozialisationstheoretischen Erklärung aus“, sagt Anton Bucher, Professor für Religionspädagogik an der Universität Salzburg. Kinder schauen sich Verhaltensweisen bei ihren Eltern ab. Findet der Papa, dass der Schiedsrichter „ja totale Scheiße ist und ein paar aufs Maul verdient“, so lernt das Kleine neue Schimpfwörter. Bietet die Mama im Bus einem alten Mann ihren Sitzplatz an, wird sich das Kind später tendenziell ähnlich verhalten.
„Knausrige Eltern haben knausrige Kinder“, sagt Bucher, der selbst sechsfacher Vater ist. Das zeigt sich auch empirisch. In einer Studie sollten 64 Erstklässler zwölf Murmeln zwischen sich und einem Mitspieler aufteilen. Sahen sie zuvor, wie ein anderes Kind neun Murmeln behielt und nur drei abgab, nahmen sie selbst acht Murmeln. Begnügte sich der andere dagegen mit drei Murmeln und gab neun, nahmen die Kinder im Schnitt vier bis fünf Murmeln.
Von wegen anale Phase
Demgegenüber war Anfang des 20. Jahrhunderts zunächst die psychoanalytische Theorie Sigmund Freuds populär. Der lehrte, Geiz entstehe in der sogenannten analen Phase zwischen dem zweiten und dem dritten Lebensjahr. Hielten Kinder ihre Ausscheidungen häufig zurück, um so einen Lustgewinn zu erlangen, wären sie im späteren Leben geizig. Mit dem Zurückhalten des Geldes verspürten sie dann ebenfalls einen Lustgewinn. „Es hat einige erfolglose Versuche gegeben, diesen anal-geizigen Charakter und die entsprechende Erklärung zu verifizieren“, sagt Bucher. „Ich halte davon gar nichts.“
Beim Geiz geht es freilich nicht nur ums Geld. „Geiz ist die generelle Unfähigkeit, sich von Dingen zu trennen, die man eigentlich nicht mehr haben müsste“, sagt Bucher. So hängt Geiz mit Habgier zusammen. „Es gibt etliche Darstellungen, die beide Begriffe synonym verwenden, zum Beispiel bei den Todsünden.“ Doch hatte der Geiz auch in vorchristlicher Zeit schon ein schlechtes Image. Aristoteles etwa pries die Freigiebigkeit als die rechte Mitte zwischen den Extremen Verschwendung und Geiz. Letzterer mache einsam, Freigiebigkeit hingegen heiter und glücklich.
Heute ist Geiz angeblich geil. Das verkündete die Reklame einer großen Elektromarktkette seit 2002 in ganz Europa. Geiz motiviert zur Schnäppchenjagd, so die Botschaft, und verheißt damit Erfolg. Auch gesellschaftlichen, lässt sich doch mit dem neuen HD-Fernseher für nur 349 Euro am Stammtisch prima angeben. Ob das Gerät dann in drei Jahren nur noch Sondermüll ist, ist dabei ja egal.
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Jochen Buchsteiner, Edinburgh
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