JÜTERBOG - Etwas ängstlich war Colin, als er zum ersten Mal allein in den Lego-Raum der Kita „Zinnaer Tor“ gebeten wurde. „Ich wusste ja nicht, was ich da machen muss“, erzählt der Fünfjährige. Doch die Angst verflog schnell, denn er fand vor allem eines: viel buntes Spielzeug. Es war didaktisches Spielzeug. Denn Colin ist eines der zwölf Vorschulkinder der Jüterboger Kita „Zinnaer Tor“, die am Forschungsprojekt „Schulbezogene umschriebene Entwicklungsstörungen – Prävention und Therapie“ der Universität Potsdam teilnehmen.
Unter der Leitung von Günter Esser, Professor für Klinische Psychologie/Psychotherapie, wird über drei Jahre die Wirksamkeit von Frühförderungsprogrammen in den Kindergärten untersucht. Besonders benachteiligte Kinder, die Entwicklungsstörungen im Lesen und Rechtschreiben oder auch im Rechnen haben, sollen präventiv gefördert werden.
Nach dem ersten Testlauf im vergangenen Sommer gab es für die Kita „Zinnaer Tor“ Entwarnung: Alle Kids erzielten gute bis sehr gute Ergebnisse. Ein Präventionsprogramm wurde nicht eingeführt. „Wir sind stolz, dass unsere Kinder so gut abgeschnitten haben. Es ist ja auch ein wenig die Reflexion unserer Arbeit“, sagt Erzieherin Ina Leszczynski.
Für die fünfjährige Tabea Langer war die Untersuchung ein spannendes Erlebnis. „Es hat Spaß gemacht“, sagt sie, „wir haben das Märchen vom Rotkäppchen nacherzählt.“ Das fiel ihr nicht schwer. „Ich hab ja auch ein riesiges Märchenbuch zu Hause“, fügt das sprachgewandte Mädchen hinzu und lächelt.
Auch die Motorik der Kinder wurde getestet. „Wir sollten beim Test auf einem Bein springen oder eine Linie gerade entlang laufen“, erzählt Celina Ruhe, die auch fünf Jahre alt ist.
Zwischen 30 und 45 Minuten wurde jedes Kind einzeln an zwei aufeinanderfolgenden Tagen untersucht: sie reimten, erkannten Laute oder verglichen Bilder mit Spielzeugen. „Manchmal war das aber ganz schön anstrengend“, sagt Tabea, „ich habe so viel gesprochen, da musste ich schon mal einen Schluck trinken.“
Im Frühjahr stehen erneute Tests an. „Wir wollen den Entwicklungsstand der Kinder verfolgen, um letztlich eine ökonomische, verlässliche Frühdiagnostik zu entwickeln“, erklärt Sabine Quandte, Mitarbeiterin am Lehrstuhl in Potsdam. Untersucht werden spielerisch Leistungsbereiche wie Sprach- und Zahlenverständnis oder Grammatik. „Wir sehen uns zum Beispiel Häuser und deren Nummern an und überlegen, welche Zahl die nächste sein könnte. So wird ihnen bewusst, dass beispielsweise Mathematik im Alltag um uns herum ist“, so Quandte. Die Tests finden in 170 Einrichtungen in Potsdam, Brandenburg, Teltow-Fläming und Potsdam-Mittelmark statt.
Colin freut sich schon auf die nächsten Untersuchungen. Für ihn war es eine Abwechslung. Außerdem erinnert er sich noch jetzt jeden Tag an die erste Testreihe. „Ich habe am Ende einen Leuchtfrosch bekommen“, sagt er, „und der bewacht jetzt mein Sparschwein.“ (Von Christin Iffert)