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Ritalin senkt die Kriminalitätsrate
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Viele waren überrascht, als der Verteidiger von Jetsetter Carl Hirschmann unlängst vor Gericht die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) seines Mandanten ins Spiel brachte. Geholfen hat es nicht. Das Gericht liess das Leiden nicht als strafmindernd gelten und verurteilte den 32-jährigen Millionenerbe vor drei Wochen wegen zweier Sexualdelikte und zweier Nötigungsversuche zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 32 Monaten.
Es war nicht das erste Mal, dass Juristen mit der Diagnose ADHS konfrontiert wurden. Denn tatsächlich erhöht die Störung das Risiko, straffällig zu werden. Eine unlängst im Fachblatt «New England Journal of Medicine» erschienene Studie kam zum Schluss, dass in Schweden bei über 15-jährigen ADHS-Betroffenen jeder dritte Mann (36,6 Prozent) und jede sechste Frau mindestens einmal wegen einer Straftat rechtskräftig verurteilt wird. In der Durchschnittsbevölkerung liegt der Anteil deutlich tiefer: bei Männern bei 8,9 Prozent, bei Frauen bei 2,2 Prozent.
Mehrheit der Gefängnisinsassen hat ADHS
«Die Zahlen in der Schweiz dürften sich in der gleichen Grössenordnung bewegen», sagt Marcel Aebi, der den Forschungsbereich Jugendforensik an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Zürich leitet. Unter den minderjährigen Gefängnisinsassen in der Schweiz haben laut einer Untersuchung 60 bis 70 Prozent ADHS. «Den Betroffenen fehlt die Impulshemmung, sie können ihr Verhalten schlecht steuern und neigen zu spontanen Handlungen», erklärt Aebi den Befund. Hinzu kommt, dass sie soziale Situationen schlechter einschätzen können. Der Fachmann betont jedoch, dass ADHS allein nicht reicht, um kriminell zu werden: «Es müssen immer noch weitere Faktoren hinzukommen.»
In der schwedischen Studie stellten die Forscher um den Epidemiologen Paul Lichtenstein vom Karolinska-Institut in Stockholm nun erstmals fest, dass sich die hohe Kriminalitätsrate unter den ADHS-Betroffenen mit Medikamenten wie beispielsweise Ritalin vermindern lässt. Bei Männern sank das Risiko einer Verurteilung um 32 Prozent, bei Frauen gar um 41 Prozent. Zu diesem Resultat kamen die Forscher, nachdem sie die Daten von 25'000 ADHS-Betroffenen analysiert und die Verordnung der Medikamente mit dem Datum von rechtskräftigen Verurteilungen in Beziehung gesetzt hatten.
Folgen der Nichtbehandlung
«Ärzte sollten in ihre Nutzen-Risiko-Abschätzungen einer Behandlung auch die potenziell verminderte Kriminalitätsgefahr einbeziehen», schliesst Studienautor Paul Liechtenstein aus den Resultaten. Er lehnt es jedoch ab, ab nun alle ADHS-Patienten grundsätzlich mit Ritalin oder anderen Medikamenten zur Verbrechensprävention zu behandeln. «ADHS-Medikamente haben wie alle Medikamente potenzielle Risiken», sagt er. Das müsse gegeneinander abgewogen werden.
Auch Marcel Aebi zeigt sich überzeugt, dass «Behandler im Hinterkopf haben sollten, dass es nicht nur um das Leiden des Patienten geht, sondern auch um mögliche gesellschaftliche Auswirkungen einer Nichtbehandlung». Die Therapie muss allerdings nicht zwingend mit Medikamenten erfolgen. Auch wenn dies in der schwedischen Studie nicht untersucht wurde: Es ist wahrscheinlich, dass nicht medikamentöse Behandlungen wie eine Verhaltenstherapie sich ähnlich auf die Straffälligkeit auswirken wie Arzneien.
Kein Langzeitnutzen der Medikamente
Hingegen zeigte die Untersuchung eindeutig, dass eine Therapie mit ADHS-Medikamenten keinen Langzeitnutzen bei der Kriminalität hat. Sie hält nur so lange an, wie die Patienten die Wirkstoffe auch tatsächlich regelmässig einnehmen. Sobald sie die Therapie absetzen, steigt ihr Kriminalitätsrisiko wieder an. «Das passt zu dem, was man heute über Medikamente wie Ritalin weiss», sagt Aebi. Diese wirkten nur auf die Symptome, ohne allerdings eine nachhaltige Veränderungen zu bewirken.
Die schwedische Studie bestätigt erstmals mit harten Daten, was im Strafvollzug bereits weitgehend umgesetzt wird. Wenn bei Straffälligen ADHS diagnostiziert wird, schlagen die Ärzte eine entsprechende Behandlung unter anderem mit Medikamenten vor. «Für die Betroffenen ist dies aber immer freiwillig», sagt Aebi. Zwangsmedikationen bei ADHS gebe es nicht.
In der Schweiz kaum möglich
Frank Urbaniok, Chef des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes des kantonalen Justizvollzugs, zeigt sich begeistert von der schwedischen Forschungsarbeit: «Sie ist ausgezeichnet», sagt er. «In der Schweiz sind solche Studien wegen des strengen Datenschutzes leider praktisch nicht möglich.» Die schwedische Arbeit ist unter anderem deswegen qualitativ hochstehend, weil die Forscher zahlreiche Tests gemacht haben, um auszuschliessen, dass Störfaktoren den gefundenen Zusammenhang zwischen ADHS-Medikamenten und Straftaten verfälschen. So prüften sie, ob sie den gleichen Effekt bei antidepressiven Medikamenten finden würden, fanden jedoch keinen Zusammenhang zu Kriminalität.
Diese Erkenntnis legt nahe, dass tatsächlich die pharmakologische Wirkung der ADHS-Medikamente ausschlaggebend war. Ebenfalls fanden die Wissenschaftler, dass Therapiepausen in der Regel den Verurteilungen vorausgingen und nicht umgekehrt. Damit konnten sie ausschliessen, dass die Verurteilungen das Einstellen der Therapie auslösten, etwa weil die Betroffenen im Gefängnis sassen.
Positive Nebeneffekte
Dennoch hat Chefarzt Urbaniok seine Zweifel, ob sich der in der Studie gefundene Effekt ausschliesslich auf die Wirkung der Medikamente zurückführen lässt. «ADHS-Betroffene, die Medikamente einnehmen, sind sich ihres Problems bewusst und möchten etwas daran ändern», sagt der Psychiater. Nötig sei dafür unter anderem ein guter Behandlungskontakt zu einem Arzt und die Unterstützung durch das Umfeld. «Behandelte Patienten sind ganz klar in einer besseren Verfassung.»
Urbaniok gibt auch zu bedenken, dass bei den ganz schweren Straftaten, mit denen er vorwiegend zu tun hat, ADHS keine besonders grosse Rolle spielt. Ausschlaggebend in diesen Fällen sei meist eine sogenannte dissoziale Persönlichkeitsstörung, bei der Betroffene sich nicht in andere einfühlen können und gegen Bestrafung resistent sind. «Diese Einwände schmälern jedoch das Ergebnis der schwedischen Studie nicht», sagt der Psychiater. «Die gute Nachricht ist: Die Behandlung psychiatrischer Erkrankungen vermag Kriminalitätsraten zu senken.» (Tages-Anzeiger)
Erstellt: 13.12.2012, 06:53 Uhr
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