Helmut Fuchs hat eine Mission: die Laune der - zumindest klischeehaft - schlecht gelaunten Deutschen zu verbessern. "Nicht Personen, Situationen und Ereignisse entscheiden, ob wir schlechte Stimmung haben", sagt der Psychologe. Fuchs zufolge sind wir vielmehr Steuermann unserer Laune. Die Stimmung senkt sich also nicht wie eine geheimnisvolle Macht über die Stadt - sie hängt mit unserem Denken und Tun zusammen.
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Hängt man einmal im Tief, sei eine Gegenkonditionierung möglich, sagt Fuchs, der seit Jahren am Thema Emotionssteuerung forscht und darunter eine "gelebte Psychohygiene" versteht. "Wie das Zähneputzen für die Seele." Für eine bessere Steuerung der Stimmung empfiehlt der selbsternannte Launologe Rituale, denn seiner Beobachtung nach geben Grenzen, Strukturen und Rituale Halt und helfen, die Laune selbstverantwortlich auszugleichen.
Auch Manager zählen zu jenen Personen, die Fuchs aufsuchen, um sich von ihm coachen zu lassen. Ihnen rät er, es mit einem anderen Start in den Tag zu probieren - mit Hilfe von drei Fragen: Worauf freue ich mich heute? Wem möchte ich eine Freude machen? Worauf bin ich stolz? Frage zwei zielt darauf ab, dass der Betroffene nicht nur um sich selbst kreist. Die erste und dritte Frage soll ihn mit mehr Freude und mit mehr Selbstbewusstsein in den Tag starten lassen.
Mundwinkelgymnastik für die Laune
Regelmässig geübt, soll dieses mentale Programm tagsüber wie ein Anker greifen, um die Stimmung beim Abrutschen umzupolen. Auch gymnastische Trickserein helfen laut Fuchs, die Stimmung anzuheben: Etwa die Mundwinkel rechts und links drei Minuten anheben. Das soll zu einem Anstieg der Hormone Serotonin und Dopamin führen. Und wer es schafft, trotz schlechter Laune ein freundliches Gesicht aufzusetzen, eine freundliche Stimme und positive Körperhaltung einzunehmen, merkt schnell, wie er sich selbst hochziehen kann.
Noch ist die Launologie, also die Stimmungsforschung, eine Protowissenschaft. Das heisst, sie gilt nicht als anerkannt, befindet sich im vorwissenschaftlichen Stadium. Kritiker werfen Fuchs Amerikanismus vor, eine "Fun-Fixierung". Manchmal erntet er auch Ablehnung. Fuchs aber wiegelt ab, für ihn ist die Disziplin die "Kunst der heiteren Lebensführung", wie er sie nennt. Und für die Strategienentwicklung der emotionale Selbstkontrolle nutzt er Erkenntnisse aus der Hirnforschung sowie der positiven Psychologie und Motivationsforschung.
Sonnenbaden im Winter hält gesund und fördert die gute Laune.
Tatsächlich haben Psychologen zuvor bereits erkannt, dass wir auf Hochs und Tiefs einen Gestaltungseinfluss haben. Sie befragten Menschen, die sich aus einem Tal gearbeitet hatten. Und waren verblüfft, dass erstaunlich stereotype Verhaltensweisen mit dem verbesserten Gefühl verbunden wurden: Die Befragten glaubten, dass mehr Selbstdisziplin im Tagesablauf, Zukunftspläne oder Pläne für das berufliche Fortkommen, Hobbys, Sport und Kontakt zu Freunden für die Überwindung ihres Tiefs verantwortlich waren.
Gute Laune ist ansteckend
Chronische Spassbremsen versucht Fuchs mit einer Übung aus der Reserve zu locken, die er Heinzelmännchenübung nennt. Wie bei den Wichteln, die unsichtbar arbeiten, zielt sie darauf ab, jemandem etwas Gutes zu tun, dabei aber anonym zu bleiben. Der gutgelaunte Psychologe beobachtet, wie Menschen beim "Heinzeln" einen diebischen Spass entwickeln. "Es geht darum, eine Welle anzustossen. Gute Laune ist ansteckend."
Trotzdem gehören auch Tiefs zum Leben. "Das stimmungsmässig ausbalancierte Dasein ist ein Zustand, den wir nur näherungsweise erreichen", sagt Fuchs. Auch schlechte Stimmung müsse man mitunter akzeptieren. "Wichtig ist, diese nicht als Versagen zu interpretieren." Im Gegenteil: "Das Tief ist nur das Schwungholen für die nächste Höhe."
Oft sind es kleine Hebel, die viel bewirken. Manchmal helfen schon so banale Dinge wie die Lieblings-CD im Auto. Doch auch Werte wie Entscheidungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft und Dankbarkeit führen laut Fuchs dazu, sich als Teil eines grösseren und sinnvollen Ganzen zu sehen.
Gutgelaunt schneller genesen
Langfristig ist gute Laune zudem ein Gesundheitsfaktor. Beispielsweise haben Gutgelaunte im Körper höhere Anteile der Glückshormone Serotonin und Dopamin. Experten kennen auch die förderliche Wirkung auf das Immunsystem: Gutgelaunte Herzpatienten etwa genesen schneller.
So wie der Tag begann, endet er auch bei Fuchs - mit positiven Fragen: Was lief heute gut?, lässt er die Klienten notieren. Klingt der Tag so aus, haben negative Einflüsse am nächsten Morgen kaum eine Chance.
Und wenn doch die Krise kommt? Psychologen arbeiten immer häufiger mit einem Schatzkästchen: eine kleine Dose etwa, die mit individuellen Symbolen zur Selbstwertstärkung gefüllt wird. Geeignet ist alles, was Kraft spendet. Und dann kann die Dose das innere Lächeln zurückholen.
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