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Ein Blick ins Gesicht eines anderen Menschen reicht uns, um jemanden als vertrauenswürdig einzuschätzen. Und schon die Augenfarbe verrät, welche Männer einen Vertrauensvorschuss bekommen.
Kann man anhand der Gesichtszüge oder anderer körperlicher Merkmale auf Charaktereigenschaften eines Menschen schließen? Auf jeden Fall neigen wir dazu, uns an der äußeren Erscheinung zu orientieren, wenn wir uns eine erste Meinung über das Gegenüber bilden.
So haben Studien Hinweise darauf geliefert, dass Gesichter aufgrund ihrer Form als unterschiedlich vertrauenswürdig wahrgenommen werden. Britische Psychologen etwa berichteten, dass Männer mit breiteren Gesichtern in Tests eher dazu neigten, das Vertrauen anderer Probanden zu missbrauchen als solche mit schmalem Antlitz. Zugleich war das Misstrauen anderer Testteilnehmer gegenüber diesen Männern auch größer.
Solche Ergebnisse bestätigen nun tschechische Wissenschaftler. Und neben der Gesichtsform oder dem Gesichtsausdrucks spielt offenbar auch die Augenfarbe eine Rolle bei der Beurteilung des Charakters. Männer mit blauen Augen, so schreiben Karel Kleisner von der Prager Karls-Universität und seine Kollegen im Fachmagazin Plos One, erscheinen anderen als weniger vertrauenswürdig als Braunäugige.
In einer früheren Studie hatten die Wissenschaftler festgestellt, dass braune Augen bei Männern relativ häufig mit einer bestimmten Gesichtsform zusammen auftreten, die von anderen als Hinweis auf einen glücklichen und somit vertrauenswürdigen Menschen interpretiert werden. Blaue Augen sollen dagegen häufiger in Männergesichtern sitzen, die eher wütend und damit weniger vertrauenswürdig wirken.
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Die Psychologen stellten vor diesem Hintergrund die Hypothese auf, "dass braunäugige Individuen als vertrauenswürdiger wahrgenommen werden als blauäugige, da bestimmte bleibende Gesichtsmerkmale mit der Augenfarbe korrelieren". Diese Idee wollten sie mit ihrer Studie prüfen und zugleich feststellen, ob die Augenfarbe allein schon den Eindruck beeinflusst, den wir vom Gegenüber haben.
Zu diesem Zweck legten die Forscher Studentinnen und Studenten Fotos von je 40 männlichen und 40 weiblichen Gesichtern vor, die sie als mehr oder weniger vertrauenswürdig beurteilen sollten. Abgebildet waren junge Erwachsene mit blauen oder braunen Augen.
Augenfarbe ausgetauscht
Wie viele Personen exakt am Test teilnahmen, lässt sich der Studie leider nicht entnehmen. Denn Kleisner und seine Kollegen geben an, dass die Bilder "von 238 Teilnehmern beurteilt wurden (142 Frauen und 98 Männer)". Und fahren fort: "Von den insgesamt 248 Beurteilern äußerten sich 105 zur Vertrauenswürdigkeit, 103 zur Attraktivität und 30 zur Dominanz. Die Beurteiler selbst unterschieden sich in der Augenfarbe: 99 hatten blaue Augen, 61 grüne Augen und 78 braune Augen." Bleibt zu hoffen, dass es sich hier nur um Schreibfehler handelt, und die Zahlen in den statistischen Tests vernünftig verwendet wurden. Denn hier werden nacheinander 238, 240, 248 und dann wieder 238 Versuchsteilnehmer angegeben.
Wie die Psychologen jedenfalls nun berichten, "hatte die Augenfarbe einen signifikanten Effekt, wobei die braunäugigen Gesichter als vertrauenswürdiger wahrgenommen wurden als die blauäugigen". Allerdings beobachteten die Wissenschaftler auch in dieser Studie eine starke Korrelation zwischen der Augenfarbe und der Gesichtsform:
Blauäugige Männergesichter weisen den Forschern zufolge eine eckigere untere Gesichtspartie, ein längeres Kinn, einen schmaleren Mund, relativ kleine Augen und weiter auseinander stehende Augenbrauen auf. Gesichter mit diesen Eigenschaften wurden zugleich als wenig vertrauenswürdig wahrgenommen als jene von braunäugigen Männern. Diese zeichnen sich durch ein runderes und breiteres Kinn, einen breiteren Mund, relativ große Augen und enger zusammenstehende Augenbrauen aus.
Um zu überprüfen, ob die Augenfarbe allein einen Effekt hat, retuschierten die Forscher die Augen auf den Männerbildern und legten diese 106 anderen Versuchsteilnehmern vor. Diesmal konnte kein Unterschied zwischen blauen oder braunen Augen festgestellt werden - wohl aber zwischen den Gesichtern mit unterschiedlicher Form.
Das Fazit der Psychologen: "Obwohl braunäugige Gesichter als vertrauenswürdiger wahrgenommen wurden als blauäugige, war es nicht die braune Augenfarbe per se, die diese stärkere Wahrnehmung der Vertrauenswürdigkeit verursacht hatte, sondern eher die Gesichtsstrukturen, die mit braunen Augen zusammen auftreten." Warum Augenfarbe und Gesichtsform offenbar zusammenhängen, ist noch unklar.
Versuche, den Charakter eines Menschen im Alltag anhand der Form und Augenfarbe zu beurteilen, sollte man trotz der Erkenntnisse vergessen. Zwar hat eine Reihe von Studien gezeigt, dass wir manche Charaktereigenschaften von bislang Unbekannten innerhalb von Sekunden tatsächlich häufig identifizieren. Das konnten etwa die britischen Psychologen David Perett und Anthony Little am Beispiel von Studenten zeigen, die zutreffend als gewissenhaft oder extravertiert eingeschätzt wurden.
Doch diese Studien geben Hinweise auf mögliche Trends - mehr nicht. Der Charakter einer Person formt sich zwar auf der Grundlage der Gene und offenbar auch durch den Einfluss von Hormonen im Mutterleib. Eine wichtige Rolle bei der Bildung unserer Persönlichkeit spielen aber die Erfahrungen, die wir insbesondere während der Sozialisation machen. Und die schlägt sich nicht in der Gesichtsform nieder. Es bleibt deshalb dabei: Don't judge a book by its cover.
Wer das nicht berücksichtigt, wiederholt die Fehler von Wissenschaftlern, die in der Vergangenheit ebenfalls versuchten, äußere Merkmale mit dem Charakter zu verbinden - und zwar durchaus auf der Grundlage systematischer Beobachtungen. So hatte der Schweizer Pastor Johann Caspar Lavater bereits im 18. Jahrhundert seine populäre Theorie der Physiognomik aufgestellt, die allerdings bereits damals der Physiker und Aufklärer Georg Christoph Lichtenberg verspottete und ad absurdum führte.
Ebenfalls gescheitert sind im 19. Jahrhundert die Versuche des italienischen Mediziners Cesare Lombroso, typische körperliche Merkmale von "geborenen Verbrechern" zu finden und einen entsprechenden Katalog zu erstellen. Die Nationalsozialisten griffen Lombrosos Vorstellungen allerdings wieder auf und rechtfertigten unter anderem mit ihnen die Verfolgung, Zwangssterilisation und Euthanasie von Kriminellen.