Psychologie und Gesellschaftskritik: Von der Außenwelt ausgelöste seelische …

Psychologie und Gesellschaftskritik: "Das
entscheidende Moment und Motiv der
zeitgenössischen Mainstream-Psychologie
besteht darin, Individuen aus ihren sozialen
Kontexten zu isolieren - jene Kontexte, aus
denen sie hervorkommen und in denen sie
traumatisiert werden, aber in denen sie sich
auch regenerieren können." Thomas Slunecko,
Nora Ruck und Barbara Wienigk (Wien)
illustrieren diese Kritik anhand einer
Bildfolge aus einem psychotherapeutischen
Lehrbuch. Die Studie erschien in der
Fachzeitschrift "Psychologie und
Gesellschaftskritik".

Die AutorInnen analysieren die Illustration
zum Thema Panik im bekannten Lehrbuch
"Psychopathologie: vom Symptom zur
Diagnose"; das Fotomaterial stammt aus der
Szenerie des Vietnam-Kriegs, doch der
Kontext wird konsequent ausgeblendet.

"Letztlich stellt die Panik, so wie sie im
Lahrbuch von Payk und in anderen klinischen
Lehrbüchern verhandelt wird, ein
entkontextualisiertes und symptomfixiertes
Konzept dar, das die Erfassung und das
Verständnis des realen Leidens erschwert und
wie andere klinisch psychologische Diagnosen
bestehende Machtverhältnisse reproduziert:
zwischen Diagnostizierenden und
Diagnostizierten, zwischen professoralem
Autor und studentischen LeserInnen, aber
auch zwischen" den LeserInnen im reichen
Deutschland und den dargestellten
Kriegsopfern in Vietnam.

Die AutorInnen sehen in der Bildfolge ein
Beispiel dafür, wie in psychologischen
Lehrbüchern anhand der Strategien der
Dekontextualisierung, Individualisierung und
Distanzierung konkret erlebte Kriegsgäuel
verdrängt und real bedingte seelische
Verstörungen in innere individuelle
Pathologien umkodiert werden."
 


Thomas Slunecko, Nora Ruck, Barbara Wienigk:
Panikmache - Zur bildlichen Konstruktion von
Pathologie in psychologischen Lehrbüchern. In:
Psychologie und Gesellschaftskritik 38(3), 27-48

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