Philadelphia (dapd). Wenn Sportler nach einem entscheidenden Sieg die Arme hochreißen und einen Schrei ausstoßen, ist das ein Ausdruck von Triumph und nicht - wie bisher angenommen - von Stolz. Das haben zwei US-Psychologen jetzt nachgewiesen. Sie konnten zudem zeigen: Die Gestik und Mimik, die mit einem Gefühl des Triumphes einhergehen, unterscheiden sich deutlich vom Ausdruck des Stolzes und werden von Menschen völlig unterschiedlicher Kulturen sofort erkannt. Damit gehört Triumph ebenso wie Freude, Wut und Stolz zu den sogenannten Basisemotionen, deren Ausdruck nicht erlernt werden muss, sondern angeboren ist. Das berichten David Matsumoto von der San Francisco State University und seine Kollegin Hyi Sung Hwang im Fachblatt "Evolution and Human Behavior" (doi: 10.1016/j.evolhumbehav.2012.01.005).
Medaillengewinner in Siegerposen
Die Psychologen zeigten ihren Probanden, die aus den USA und Südkorea stammten, Fotos von Judoka, die bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen eine Medaille gewonnen hatten - aufgenommen direkt nach dem entscheidenden Sieg. Zusätzlich bekamen die Testteilnehmer noch Bilder gezeigt, in denen Sportler andere Basisemotionen wie Freude, Trauer oder Wut zeigten. Sie sollten anhand einer Liste von vorgegebenen Emotionen angeben, welches Gefühl ein Athlet in der abgebildeten Situation zeigte.
Die Ergebnisse illustrierten, warum die Posen in vorangegangenen Studien bisher fälschlich der Emotion Stolz zugeordnet worden waren, berichten die Forscher. Enthielt die Liste neben "Wut", "Verachtung", "Ekel", "Angst", "Freude", "Trauer" und "Überraschung" nämlich nur "Stolz" und keine andere Antwortmöglichkeit, wählten die Probanden vor allem Stolz, wenn sie das Gefühl der Judoka beschreiben sollten. Stand dagegen auch "Triumph" zur Auswahl, ordneten die meisten Teilnehmer den Siegerposen dieses Gefühl zu. Dabei war es unerheblich, ob die Probanden aus der westlichen Kultur der USA mit ihrer starken Betonung auf Individualität und einem nur sehr schwach ausgeprägten hierarchischen Denken stammten oder aus der asiatischen Kultur Südkoreas, die sehr viel mehr Gewicht auf Gemeinschaft und den Status in dieser Gemeinschaft legt. Wenn es bei diesen beiden extrem unterschiedlichen Kulturen exakte Übereinstimmungen in der Bewertung von Triumphposen gebe, müsse man diese Gefühlsäußerung als interkulturell und damit universell bewerten, schlussfolgern die Forscher.
Vorgegebene Antwortmöglichkeiten verzerren Ergebnisse
Die frühere Missinterpretation wäre damit ein reines methodisches Problem gewesen, das nichtsdestoweniger zu problematischen Fehlannahmen geführt habe. Denn Stolz sei ein Zeichen für eine allgemeine Selbstzufriedenheit, für ein Bewusstsein der eigenen Fähigkeiten, erläutert das Duo. Wer Stolz ist, lässt andere wissen, dass er kompetent ist, ohne jedoch dominant zu sein. Triumph zeige dagegen die persönliche Überlegenheit in einem direkten Kräftemessen an. Er vermittelt die Botschaft: "Schaut her, ich habe den anderen unterworfen und Ihr solltet Euch vor mir in Acht nehmen - wagt bloß nicht, mich herauszufordern!"
Entsprechend unterschiedlich seien auch die Körperposen und Gesichtsausdrücke, die die beiden Emotionen kennzeichnen: Stolz gehe mit einem erhobenen Kopf, einem feinen Lächeln und einer geschwellten Brust einher. Triumph sei dagegen durch einen schon fast aggressiv wirkenden Gesichtsausdruck, angespannte Muskeln und geballte Fäuste charakterisiert. Diese Pose diene dazu, den Sieger so groß und bedrohlich wie möglich aussehen zu lassen und so seine Dominanz zu festigen. Es sei denkbar, dass die beiden Emotionen in Wettkampfsituationen direkt aufeinanderfolgen, dass also der Triumph des ersten Moments nach und nach durch Stolz ersetzt werde, schreiben die Forscher. Sie wollen das nun genauer untersuchen.