Psychologie – Neuer Schnelltest für Depressionen

Psychologen nutzen umfangreiche Fragebögen, um den Schweregrad einer möglichen Depression einzuschätzen. Berliner Forscher haben das Verfahren nun auf vier Fragen reduziert, die vor allem bei Frauen ein sicheres Urteil ermöglichen.

Von Depressionen Betroffene irren oft von Arzt zu Arzt, bevor sie die richtige Diagnose erhalten. Der Grund: Oft verbirgt sich die Depression hinter körperlichen Beschwerden. Nach psychischen Problemen wird selten gefragt. Und wenn, dann gelten seelische Erschöpfung und Niedergeschlagenheit vielleicht als Folgen von Stress und hartnäckigen Schlafstörungen, nicht als Symptome einer behandlungsbedüftigen Depression. Nun haben Berliner Forscher einen Schnelltest entwickelt, mit dem Allgemeinmediziner diese Krankheit, die mit so vielen Facetten einherkommt, schneller erkennen können.

Die Forschergruppe vom Fachbereich „Adaptive Rationalität“ des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung vereinfachte dazu ein in der Psychologie gängiges Diagnoseverfahren, beruhend auf dem Beck-Depressions-Inventar (BDI), einem Selbstbeurteilungsfragebogen mit 21 Fragen. Dieser dient dazu, die Schweregrad einer Depression bei Patienten ab 13 Jahren grob einzuschätzen. Gefragt wird unter anderem nach dem Auftreten folgender Symptome in den vergangenen zwei Wochen: Traurigkeit, Pessimismus, Versagensgefühle, Verlust an Freude, Schuldgefühle, Selbstablehnung, Suizidgedanken, Unruhe, Interessenverlust, Entschlussunfähigkeit, Reizbarkeit, Müdigkeit oder Verlust an sexuellem Interesse. Im Alltag des Hausarztes lässt sich dieser Fragebogen kaum einsetzen.

Der Entscheidungsbaum

Die Berliner Forscher haben deshalb eine vereinfachte Variante entwickelt, einen sogenannten Entscheidungsbaum, der auf nur vier Fragen beruht, die mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden sollen, teil das Max-Planck-Institut mit. Die Fragen lauten: „Haben Sie diese Woche mehr geweint als früher?“, „Waren Sie diese Woche enttäuscht von sich oder haben Sie sich gehasst?“, „Sahen Sie diese Woche besonders mutlos in die Zukunft?“ und „Hatten Sie diese Woche das Gefühl, eine Versagerin zu sein?“ Die Beantwortung aller Fragen mit „Ja“ weise nach Aussagen der Forscher auf eine klinisch relevante Depression hin. Eine wichtige Einschränkung gibt es: Der Test wurde zur Erkennung von Depressionen bei Frauen entwickelt. Männer zeigen oft andere Symptome als Frauen – beispielsweise weniger Traurigkeit. Für sie müssen ganz eigene Fragen entwickelt werden.

Die Berliner Forscher überprüften die Zuverlässigkeit ihres Entscheidungsbaums anhand einer Dresdner Studie, bei der 1300 junge Frauen zwischen 18 und 25 Jahren in einem Zeitraum von 18 Monaten Auskunft zu depressiven Symptomen geben mussten. „Wir konnten zeigen, dass sich mit dem Entscheidungsbaum Depressionen ähnlich zuverlässig vorhersagen lassen wie mit komplizierteren und langwierigeren Methoden“, sagte Mirjam Jenny, Studienleiterin am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Der Test könne leicht in ein Anamnesegespräch beim Hausarzt eingebaut werden. Auch in Schulen oder anderen Bereichen könnte er eingesetzt werden. „Psychiater, Psychologen oder Psychotherapeuten soll er aber auf keinen Fall ersetzen“, sagte Mirjam Jenny.

Als Infografik ist der Entscheidungsbaum zum Download zu finden unter:
http://www.mpib-berlin.mpg.de/de/presse/2013/07/schnelltest-fuer-depressionen

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