Psychologie: Mit Oxytocin steigt der Wille zu spenden

Psychologie

Hoher Oxytocinspiegel - hohe Spendebereitschaft. Dies gilt aber wohl nur für soziale, nicht für ökologische Projekte.

BONN. Wie viel Menschen vom eigenen Geld für nachhaltige Projekte abzugeben bereit sind, hängt wohl vom Oxytocin-Spiegel ab. Das haben Bonner Forscher herausgefunden (J Neurosci 2015; 35: 15696-15701).

Allerdings entfaltet das Oxytocin nur seine Wirkung, wenn es um soziale Nachhaltigkeitsprojekte geht. Handelt es sich um rein ökologisch ausgerichtete Vorhaben, steigert das Hormon die Fähigkeit zum Teilen nicht, heißt es in einer Mitteilung der Uniklinik Bonn mit.

Die Wissenschaftler führten mit 172 Teilnehmern Experimente durch. Jeder Proband erhielt zehn Euro und konnte sich entscheiden, ob er die Summe selbst behalten, alles oder nur einen Teil spenden wollte.

Zwei reale Spendenprojekte standen zur Auswahl: Ein ökologisches zur Regenwaldaufforstung im Kongo und ein soziales Vorhaben, mit dem die Lebensgrundlagen von Ureinwohnern im Kongogebiet verbessert werden sollten. Anhand von Speichelproben testeten die Forscher während des Versuchs den Oxytocinspiegel der Teilnehmer.

Probanden, bei denen während des Experiments die Hypophyse viel Oxytocin ausschüttete, spendeten erwartungsgemäß viel großzügiger für soziale Projekte als diejenigen mit geringen Hormonspiegeln, heißt es in der Mitteilung.

Überraschend war, dass der Effekt für ökologische Projekte ausblieb. Ob viel oder wenig körpereigenes Oxytocin änderte hier am Spendenverhalten so gut wie nichts.

Wiederholendes Muster

In einem zweiten Experiment verabreichten die Forscher einem Teil der Testpersonen über ein Nasenspray Oxytocin, der andere Teil bekam Placebo.

Das Muster wiederholte sich: Die Oxytocin-Gruppe spendete mit im Schnitt 4,50 Euro mehr als doppelt so viel für soziale Projekte als die unbehandelten Teilnehmer.

Bei den ökologischen Vorhaben ging die Spendenbereitschaft durch Oxytocin sogar zurück. Während die Placebo-Probanden von den zehn Euro durchschnittlich 4,42 Euro abgaben, knauserten die Oxytocin-Behandelten mit nur 2,42 Euro.

Anschließend wurden den Teilnehmern in einem Katalog verschiedene Nahrungsmittel und Kleidungsstücke präsentiert. S

ie konnten sich entweder für eine konventionell produzierte Version entscheiden oder die nachhaltige Variante wählen und für diese einen Preis angeben, den sie zu zahlen bereit wären. Der eine Katalog war mit Produkten aus sozialer Produktion versehen, bei denen auf gute Arbeitsbedingungen geachtet wurde. Der andere zielte auf ökologisch erzeugte Güter ab.

Die Probanden bekamen aber jeweils nur einen der beiden Kataloge zu sehen. Die mit Oxytocin behandelte Gruppe wählte mehr sozial nachhaltig erzeugte Produkte aus als die Placebo-Teilnehmer. Sie war sogar bereit, dafür doppelt so viel Geld zu zahlen als für konventionelle Erzeugnisse.

In der Gruppe mit dem ökologisch ausgerichteten Katalog war praktisch kein Oxytocin-Einfluss zu verzeichnen.

"Verschiebung der Prioritäten zugunsten sozialer Uneigennützigkeit"

"Die Ergebnisse zeigen, dass die Probanden grundsätzlich auch etwas für rein ökologische Nachhaltigkeitsprojekte übrighaben, da sie hierfür im Schnitt fast die Hälfte ihres Geldes spendeten", wird Nina Marsh, Erstautorin der Studie, zitiert. "Aber unter Oxytocin-Einfluss kommt es zu einer Verschiebung der Prioritäten zugunsten sozialer Uneigennützigkeit."

Professor René Hurlemann, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Uniklinikums Bonn zieht ein Fazit: "Wenn für ökologische Projekte Unterstützung benötigt wird, sollte die soziale Botschaft des Vorhabens in den Vordergrund gestellt werden, um auch diejenigen Menschen zu erreichen, die erhöhte Oxytocin-Spiegel aufweisen." (eb)

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