Psychologie In der Not siegt immer das Team
Neue Studie: Menschen unter Zeitdruck schließen sich zusammen
10.01.15, 01:55
Psychologie
Neue Studie: Menschen unter Zeitdruck schließen sich zusammen
Von
Larissa Warneck
Jeder kennt es noch aus der Schule. Gruppenarbeit ist angesagt – in einer halben Stunde soll eine Aufgabe erledigt sein. Nur langsam kommt Bewegung in die Gruppe, einige ergreifen die Initiative. Nach und nach fließen auch von den anderen die Ideen ein. Dann aber, fünf Minuten vor Abgabe, bricht ein Sturm der Kreativität los.
Forscher der Universität Yale haben sich jetzt mit diesem Phänomen beschäftigt: Werden Menschen unter Zeitdruck vielleicht tatsächlich kooperativer? Jeremy Cone und sein Kollege David G. Rand verwendeten dazu ein Modell, das Wissenschaftler schon seit Langem verwenden, um zu erklären, wie Menschen Entscheidungen treffen.
Entscheidung aus Eigennutz
Das Modell beruht auf zwei verschiedenen Gedankengängen. Der erste, schnelle und spontane Impuls ist, sich für das zu entscheiden, was einem selbst am meisten nützt. Der zweite Impuls gilt eher als langsam, kontrolliert und rational. Er verkörpert die menschliche Selbstkontrolle: Man könnte sich auch für etwas entscheiden, für das man auf den ersten Blick weniger bekommt, wie die Kooperation mit anderen. Meist greift man bei dieser Entscheidung auf den Impuls zurück, der sich schon früher als hilfreich erwiesen hat.
Um die Auswirkung des Zeitdrucks auf die Kooperation zu untersuchen, führten die Forscher mit 751 Teilnehmern das sogenannte Public Goods Game (PGG) durch. Dabei spielten jeweils vier Teilnehmer miteinander.
Jeder Proband konnte während des Spiels 40 Cent in einen gemeinschaftlichen Topf werfen. Das gespendete Geld würde durch den Experimentator verdoppelt und unter den Mitspielern wieder ausgeteilt werden – aber nur, wenn alle vier Spieler mitmachten. So hatten alle Spieler die Möglichkeit, ihren Anteil auf 80 Cent zu erhöhen. Entschied sich jedoch einer der Spieler dazu, seinen Anteil zu behalten, während seine drei Mitspieler ihren Anteil spendeten, so bekamen die kooperativen Mitspieler jeweils nur 60 Cent, während der nicht kooperative einen ganzen Dollar einstrich.
Dabei erhielten die Teilnehmer aber unterschiedliche Spielanweisungen. Eine Gruppe erhielt die Anleitung zum Spiel in einem kooperativen Ton – hier appellierten die Forscher an den Gedanken der Selbstkontrolle. Die Anleitung der anderen Gruppe war dagegen in einem eher wetteifernden Ton geschrieben und sprach den Eigennutz der Spieler an.
Um die Kooperation der Gruppe unter Zeitdruck zu beobachten, wurde ein Teil der Spieler zusätzlich unter Zeitdruck gesetzt. Zum Vergleich mussten andere eine Weile warten, bevor sie entscheiden sollten, ob sie ihr Geld spenden wollten. Die Forscher machten bei ihrer Auswertung eine interessante Entdeckung. Teilnehmer des als Wettbewerb getarnten PGG waren unter Zeitdruck eher dazu geneigt, mit ihren Mitspielern zu kooperieren, also ihr Geld in den gemeinsamen Topf zu werfen. Cone und sein Kollege gehen davon aus, dass dies aufgrund einer natürlichen Neigung zur Kooperation passiert. Hatten sie jedoch mehr Zeit zum Überlegen, dann handelten sie eher in Übereinstimmung mit dem wetteifernden Ton der Spielanleitung.
Das PGG als kooperatives Spiel ausgegeben, ergab das gleiche Bild. Kooperation unter Zeitdruck und weniger Kooperation mit mehr Zeit. Das bedeutet: Unabhängig davon, ob man grundsätzlich eher Impulse zum Eigennutz hat oder zum Kooperieren – unter Zeitdruck tendieren alle intuitiv eher dazu, mit anderen zusammenzuarbeiten.