Der Käufer wird über alle Sinne beeinflusst, allerdings ohne es zu bemerken. „Unser Gehirn verarbeitet nur einen Bruchteil, vor allem auch diese kryptische Bewertung“, sagt Häusel. „Was da alles passiert, merken die Leute nicht.“ Schließlich ist der Mensch so programmiert, dass er zugreifen will, wenn er etwas Appetitliches sieht oder riecht. Das machen sich Betreiber von Supermärkten zunutze. „Die Waren werden so angeboten, dass das Wasser im wahrsten Sinne des Wortes im Mund zusammenläuft“, bestätigt Häusel. Ein schöner Käse etwa oder ein knuspriges Brötchen reize zum Reinbeißen und löse damit eine Kauf- und Handlungsmotivation aus. Esch bestätigt das. „So wissen wir beispielsweise, dass durch Musik sowie eine angenehme Beleuchtung die Verweildauer im Laden erhöht werden kann“, sagt er. „Auch angenehme Düfte tragen dazu bei. Schöne Bilder von Produkten, etwa über Käse- oder anderen Frischetheken, führen ebenfalls zu einem angenehmeren Einkaufserleben.“
Kein Zufall
Ein gutes Gefühl lässt also die Kasse klingeln. „Eines der wichtigsten Motive im Supermarkt ist es, Stress rauszunehmen“, sagt der Diplom-Psychologe Häusel. „Je stressfreier und entspannter der Kunde einkaufen kann, desto mehr legt er in seinen Wagen.“ Um den Stressabbau zu ermöglich, lassen sich Supermarktbetreiber einiges einfallen. Dazu gehörten etwa breite Gänge, die verhindern, dass die Kunden zusammenstoßen. „Wenn wir von anderen geschubst oder berührt werden, ist das einer der schlimmsten Signale für unser Gehirn“, sagt Häusel. „Das heißt, da entsteht richtig Stress und dann wird der Kauf verweigert.“
Ebenso wichtig ist die richtige Anordnung der Ware und welchen Eindruck das Regalbild macht. „Deswegen wird auch jeder Regalmeter nicht dem Zufall überlassen, sondern da steckt wochenlange Arbeit dahinter“, so Häusel. Häufig tauchten so genannte Warenbündel gemeinsam auf, also Dinge, die zusammen verwendet werden. Es ist kein Zufall, dass in der Nähe von Spaghetti teure Soßen im Regal stehen. Im Gehirn sei gespeichert: Nudeln mit Pastasoße, sagt Häusel „Wenn die Pastasoße gleich dabeisteht, in Augenhöhe, greifen Sie da einfach schneller zu.“ Auf die Idee, Tomatensalsa selbst zu machen, kommt manch einer nicht mehr. „Die Soße sieht super aus und schon hab ich mir auch Zeit gespart“, fasst Häusel unsere Gedanken zusammen. „In unserer stressigen Zeit versuchen wir das ja permanent.“ Das gleiche Prinzip funktioniert auch, indem etwa Produkte rund ums Frühstück gemeinsam präsentiert werden, weiß Esch. Wer nach dem Kaffee greift, muss nicht erst lange suchen, wenn er Zucker und Milch kaufen will. Eine gute Beschilderung, etwa mit Bildern hilft dem Kunden zusätzlich, sich zurechtzufinden.
Gleichzeitig werden Produkte des täglichen Lebens, wie Toilettenpapier oder Waschmittel häufig in entlegeneren Teilen des Supermarkts platziert. „Man sucht schließlich aktiv danach“, sagt Esch. Bei Impulsprodukten wie Schokolade und anderen Süßigkeiten ist es hingegen wichtig, dass man leicht auf diese stößt und sich zum Kauf verführen lässt.“
„Der erste Eindruck zählt“
Auch mit Sonderangeboten wird der Kunde geködert, denn jeder Rabatt bedeute für das Gehirn eine unerwartete Belohnung, sagt Häusel. Untersuchungen hätten gezeigt, dass Sonderangebote unser bewusstes Denken teilweise ausschalten. „Es ist gleichzeitig der alte Jagdtrieb: Greif gleich zu, denn der Hase oder Hirsch könnte ja abhauen.“ Manchmal ist ein vermeintliches Schnäppchen in Wirklichkeit keines. Allein schon, wenn die Preise größer oder auffälliger darstellt werden, greift man schneller zu. „Auch hier wissen wir aus der Forschung, dass Menschen bei entsprechenden Preisauslobungen mehr kaufen, selbst wenn der Preis tatsächlich nicht günstiger ist als vorher“, sagt Esch. Grund sei, dass wir gelernt haben, dass ein großer, auffälliger Preis günstig sein muss.
Auch der Aufbau des Ladens exakt geplant, erklärt Esch. „Wenn beispielsweise im Eingangsbereich Obst und Gemüse präsentiert wird, verlangsamt sich automatisch das Schritttempo der Einkäufer, weil gerade hier die Produkte sehr genau inspiziert und oft auch in die Hand genommen werden.“ Der Kunde läuft tendenziell langsamer weiter. Dadurch sehe er mehr, als wenn er durch den Laden hetzen würde, sagt Esch. Die Theke mit knackigen Möhren und farbenfrohen Beeren hat aber noch eine weitere Funktion. Sie soll einen frischen Eindruck machen, erläutert Häusel. „Der erste Eindruck zählt“. Im Unterbewusstsein übertrage das Gehirn diesen positiven Eindruck auf den kompletten Laden. Gleichzeitig ist der Fußboden beim Obst und Gemüse häufig etwas aufgeraut, weist Häusel in seinem Buch „Kauf mich!“ hin. Der Wagen lässt sich weniger leicht schieben – dadurch läuft der Kunde langsamer.
Es ist laut Häusel kein Zufall, dass viele Supermärkte auf die Laufrichtung der Kunden Einfluss nehmen. In seinem Werk beschreibt er, dass der Kunde vom Eingang aus zuerst nach rechts laufe und das Geschäft entgegen des Uhrzeigersinns verlasse. Das entspreche der natürlichen Bewegungsrichtung der Menschen, die größtenteils Rechtshänder sind und daher einen leichten Rechtsdrall haben.
„Nicht hungrig einkaufen gehen“
Wer sich lange genug im Supermarkt aufhält, umringt von Versuchungen, wird irgendwann schwach und die Willenskraft, zu widerstehen lässt nach, sagt Esch. Nicht umsonst würden an der Kasse Süßes und Zigaretten angeboten. Obwohl der Kunde viele Beeinflussungen nicht durchschaut, so gibt es doch ein paar Tipps, wie er seine Einkäufe besser kontrolliert. „Nicht hungrig einkaufen gehen“, rät Häusel. „Denn Hunger treibt die Ware in den Einkaufskorb hinein.“ Außerdem hilft eine Einkaufsliste dabei, nur das zu kaufen, was man braucht. „Es gibt immer noch genug Tricks, auf die man reinfällt, aber man kann den Manipulationsgrad um 50 Prozent runterfahren.“