Während die Lautstärke einer normalen Unterhaltung nur eine Schwankungsrate von 4 und 5 Hertz habe, seien es beim Schrei 30 bis 150 Hertz. Die Forscher sprechen dann von einer Rauigkeit des Tons. Der Schrei besäße somit eine akustische Nische, die ihn von anderen Tönen unterscheide, sagt Poeppel. "Dadurch erfüllt ein Schrei immer seine Wirkung." Die Forscher präsentieren ihre Ergebnisse im Journal "Current Biology".
Ähnliche Reaktionen wie Schreie lösten auch nichtmenschliche Alarmgeräusche aus. "Mit diesen Erkenntnissen können Alarmsignale noch weiter optimiert werden", sagte Luc Arnal, Neurowissenschaftler an der Universität Genf und an der New York University. "Denn je rauiger der Ton, desto schneller nehmen wir ihn wohl auf". Auch Filmemacher und Tonmechaniker setzen die Signalwirkung des Schreispektrums bereits ein - jedoch unbewusst, ohne den Hintergrund zu kennen.
In der Evolution bewährten sich die Produktion von rauigen Schreien und eine hochsensible Reaktion auf diese wahrscheinlich als überlebenswichtig, sagte Poeppel. "Desto mehr Rauigkeit, desto effektiver die Kommunikation der Gefahr oder Angst."
Wie oft wir heutzutage durch einen rauigen Ton aufgeschreckt werden, hängt auch sehr von der Umgebung ab. "Mit Wecker, Sirenen und Feueralarm nimmt ein Dorfbewohner am Tag vielleicht um die fünf rauige Geräusche wahr. In einer Großstadt wie New York wohl eher Zighunderte", schätzt Poeppel. Um die Eigenschaften des menschlichen Schreis weiter zu erforschen, planen die Wissenschaftler dieselbe Analyse mit Tierschreien und menschlichen Kinderschreien. "Schließlich ist er auch einer der ersten Töne, den wir von uns geben", betont Poeppel.