Seelenverwandte, Busenfreundin oder einfach nur Kumpel: Freundschaften gibt es viele. Wirklich gute Freunde aber sind selten. Wolfgang Krüger, Freundschaftsforscher aus Berlin, erläutert zum Internationalen Tag der Freundschaft am 30. Juli im Interview, warum das so ist.
Herr Krüger, was macht eigentlich einen guten Freund aus?
Wolfgang Krüger: Ein guter Freund ist jemand, dem man absolut vertrauen kann, dem man möglichst alles erzählen kann, auch über Ängste, Schwächen, peinliche Situationen. Und ein Freund ist absolut verlässlich. Wenn man in irgendeiner Krise ist und Unterstützung braucht - die Freunde, die da übrigbleiben, das sind die richtigen Freunde.
Wann kann ich jemanden überhaupt einen Freund nennen?
Krüger: Das Prädikat der Freundschaft haben eigentlich nur die Beziehungen, wenn es richtig um Herzens-Freundschaften geht. Das sind die Beziehungen, wo emotional auch eine grosse Innigkeit entsteht. Das sind auch die Beziehungen, die am längsten halten. Innerhalb von sieben Jahren scheitern 50 Prozent der Freundschaften. Und es scheitern vor allem Durchschnitts-Freundschaften, während die Herzens-Freundschaften oft lebenslang stabil sind.
Wie kann man dafür sorgen, dass eine Freundschaft besonders lange hält?
Krüger: Freundschaft ist eine Kunst, in die man sehr viel investieren muss - um die Freundschaft lebendig zu halten. Um Interesse zu haben, um zu spüren, wo stecken die Freunde in ihrem Leben jetzt, wo kann ich sie unterstützen. Und wenn ich das mache, und das auch als Herausforderung sehe, dann habe ich gute Freundschaften.
Und wo findet man die wertvollsten Freundschaften?
Krüger: Normalerweise braucht man dazu irgendein Lebensumfeld, in dem man ähnliche Interessen hat. Aber man muss eines sagen: Freundschaften sind immer handverlesen, es ist wie die Suche nach einem Diamanten. Das heisst, ich stelle bei Freundschaften eine ganz persönliche Beziehung her und es ist wirklich Glückssache, Freunde zu finden. Jeder von uns hat höchstens drei wirklich gute Freundschaften. Also Freundschaften haben Seltenheitswert.
Bei Facebook und Co. kann man auch Freundschaften schliessen. Welchen Wert haben solche Freundschaften?
Krüger: Zunächst ist die gesamte Technik - also Facebook, E-Mails, Internet - für Freundschaften eine grosse Erleichterung, um Kontakt herzustellen. Aber ich muss Freunde gelegentlich auch persönlich sehen. Das heisst, ich muss sie riechen können, ich brauche die körperliche Anwesenheit. Und wenn man ständig im Internet Leuten schreibt, da kann man mit vielen Leuten zusammen sein - aber Freundschaften im eigentlichen Sinne sind das nicht.
Im sozialen Netzwerk wird schon längst geforscht. Das verraten Daten.
Warum ist Freundschaft denn überhaupt so wichtig?
Krüger: Das grösste Problem, das wir im Leben haben, ist Einsamkeit. Und wir brauchen dieses soziale Dorf, damit wir von aussen Bestätigung haben. Damit Menschen da sind, die uns im Grunde tragen. Wir wissen, dass, wenn wir gute Freundschaften haben, wir seelisch erheblich stabiler sind. Wer gute Freunde hat, lebt etwa 20 Jahre länger.
Zum Internationalen Tag der Freundschaft am 30. Juli: Was wäre da eine schöne Geste für einen Freund oder eine Freundin?
Krüger: Wenn ich Freunde habe, schon seit 10, 20, 30 Jahren, warum teile ich dem Freund nicht mal mit, welche Eigenschaften es sind, die mir an ihm gefallen. In einer Liebesbeziehung schreiben wir gelegentlich Liebesbriefe. Warum schreibt man nicht Freundesbriefe, in denen ich dem Freund mitteile, das gefällt mir. Das sind fünf Eigenschaften, die finde ich an dir toll.
Der Diplom-Psychologe Wolfgang Krüger (66) arbeitet als Psychotherapeut in Berlin. Seit über 30 Jahren beschäftigt er sich mit den Themen Freundschaft und Beziehung. Über seine Forschungen und Studien veröffentlichte der Freundschafts-Experte diverse Artikel in Fachzeitschriften. Er ist Autor mehrerer Ratgeberbücher.
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