Zürich/Wien - Der Psychoanalytiker, Psychologe und Buchautor Arno Gruen ist am 20. Oktober 2015 im Alter von 92 Jahren in Zürich verstorben. In seinen zahlreichen Veröffentlichungen beschäftigte er sich mit den psychologischen Ursachen für Gewalt und Fremdenhass, mit den Voraussetzungen für Autoritätsgläubigkeit und Demokratie. In seiner Dankesrede zur Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises 2001, im Jahr des 11. September, fand Arno Gruen Worte von nachgerade prophetischer Deutungskraft: "Die Sprache, die von Krieg, Rache und Vergeltung spricht, mag sich geistig gesund anhören". Auch im hohen Alter habe sich der Autor noch mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinandergesetzt.
1923 in eine Berliner jüdische Familie hineingeboren, musste der Dreizehnjährige mit seinen Eltern die Geburtsstadt verlassen und gelangte (über Polen und Dänemark) in die USA. Nach dem Studium der Psychologie leitete er den Verlagsangaben zufolge ab 1954 die psychologische Abteilung der ersten therapeutischen Kinderklinik im New Yorker Stadtteil Harlem. Es folgten Professuren in Neurologie und Psychologie.
Von 1979 an lebte und praktizierte Arno Gruen in der Schweiz.
"Der Verrat am Selbst" oder "Der Wahnsinn der Normalität" lauten Titel der vielgelesenen Bücher, die der Psychologe und Psychoanalytiker Arno Gruen verfasst hat. "Menschen sind nicht von Natur aus schlecht, so sein Grundgedanke. Es sind die Kulturen, nicht zuletzt die westlichen, die Selbstverrat und Hass hervorbringen".
Eine Frage habe Gruen sein Leben lang ganz besonders umgetrieben, hieß es in einem Nachruf des Schweizer Fernsehens: "Wie geht Menschsein?"
Gruen habe Antworten gefunden, die schmerzhaft seien - "man könnte sie auch Wahrheiten nennen".
Die Urszene dieser Fatalität erkannte Gruen in der frühkindlichen Unterwerfung unter die elterliche Autorität, die einen Abspaltungsprozess einleite, in dessen Verlauf eigene Persönlichkeitsanteile als fremd identifiziert und schliesslich nach aussen projiziert würden. "Wie geht also Menschsein? Und eine Resonanz zu entwickeln".