© Lucas Wahl
Am schnellsten ist manchmal der Weg ins Krankenhaus: Lange Wartezeiten sind auch in der Notaufnahme keine Ausnahme.
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Am schnellsten ist manchmal der Weg ins Krankenhaus: Lange Wartezeiten sind auch in der Notaufnahme keine Ausnahme.
Herr Dr. Fleischmann, Sie arbeiten seit Jahrzehnten als Notfallmediziner in verschiedenen Notaufnahmen. War es denn das ständige Gejammer der Patienten über lange Wartezeiten, das Sie auf die Idee gebracht hat, sich intensiver mit dem Thema „Warten im Krankenhaus“ zu beschäftigen?
Ich würde es nicht auf das Klagen schieben. Aber es war schon so, dass mir aufgefallen ist, dass das Thema Wartezeiten praktisch in allen Notaufnahmen ein Problem ist, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, und dass lange Wartezeiten einen erheblichen negativen Einfluss auf die Patientenzufriedenheit haben.
Verständlicherweise, wer wartet schon gerne, und das vielleicht auch noch mit Schmerzen?
In unserem Gesundheitswesen ist Warten ein geradezu allgegenwärtiges Problem. Lange Wartezeiten werden als gegeben und selbstverständlich hingenommen. Der Patient wartet auf einen Termin, auf die Laborwerte, auf ein freies Bett oder eben auf den Arzt in der Notaufnahme. Bei unserer ärztlichen Arbeit in den Notaufnahmen kommt es auf drei Dinge an: Patientensicherheit, Qualität der Behandlung und Zufriedenheit der Patienten - zu der eben maßgeblich die Wartezeit beiträgt. An allen Stellschrauben drehen wir, aber nicht so sehr an der Wartezeit. Dabei hat sie ebenso Einfluss auf die Patientensicherheit und die Qualität.
Wie meinen Sie das?
Lange Wartezeiten in der Notaufnahme können zu einem schlechteren Behandlungsergebnis führen. Viele Erkrankungen und Verletzungen, die wir dort sehen, können sich rapide verschlechtern, wenn sie nicht rasch versorgt werden. Das gilt logischerweise vor allem für schwere Erkrankungen wie ein Schädel-Hirn-Trauma oder einen Schlaganfall. Aber auch vermeintlich leichtere Erkrankungen wie eine Lungenentzündung führen zu einem besseren Ergebnis, wenn der Patient in der Notaufnahme möglichst schnell behandelt wird.
Wenn lange Wartezeiten nicht nur einfach nervig sind, sondern auch einen Einfluss auf den Gesundheitszustand des Patienten haben können, dann müssten sich Ärzte und Kliniken doch viel mehr als bisher dafür interessieren?
Bei wirklich lebensbedrohlichen Fällen wird in den Notaufnahmen normalerweise ja auch unverzüglich gehandelt. Es geht eher um die leichteren oder mittelschweren Fälle. Bei diesen zählen aus ärztlicher Sicht andere Faktoren als die Wartezeit für den Erfolg. Für Ärzte zählt die richtige, vielleicht sogar eine brillante Diagnose, der Griff zum richtigen Medikament, die Verordnung der passenden Therapie. Das alles kann der Patient aber nicht beurteilen. Dass er mit einer hohen Qualität behandelt wird, setzt er beim Betreten der Klinik normalerweise voraus. Dem Patienten geht es viel mehr um die Zeit des Wartens, Zuwendung und Freundlichkeit. Diese unterschiedliche Wahrnehmung führt dazu, dass Wartezeiten im Klinikalltag oft eine untergeordnete Rolle spielen.
Und zu vielen Beschwerden von Seiten der Patienten führen.
Vor allem von eher leicht erkrankten und verletzten Patienten. Dazu gibt es interessante Studien: Die Zufriedenheit des Wartenden in einer Notaufnahme ist umso höher, je schwerer der Patient erkrankt ist. Das hängt mit dem Wert zusammen, den er der Wartezeit gegenüberstellt. Bei Schwerkranken ist das Verhältnis zwischen Behandlungsgewinn und Warten einfach positiver.
Ab wann werden Patienten in der Regel ungeduldig?