Noch normal oder psychisch gestört?

Von Psychologie aktuell Autorin Julia Heidenreich.

Was ist eigentlich eine psychische Störung und was nur ein Lebensproblem? Auf diese komplizierte Frage gibt es eine einfache Antwort: Eine psychische Störung ist eine krankhafte Beeinträchtigung der Wahrnehmung, des Denkens, Fühlens, Verhaltens bzw. der Erlebnisverarbeitung. Aber was bedeutet das?

Wenn der Wille einen eigenen Willen entwickelt!

Es gehört zum Wesen dieser Erkrankungen, dass sie der willentlichen Steuerung durch den Patienten nicht mehr oder nur zum Teil zugänglich sind. Psychische Störungen führen dazu, dass sich die Gedanken und Gefühle „selbständig" machen. Man sagt dann, die „Selbststeuerungsfähigkeit" ist beeinträchtigt.

Klare Abgrenzung oder schwammiger Übergang?

Nicht jede Veränderung des Erlebens ist allerdings gleichzusetzen mit einer psychischen Störung. Viele Menschen erleben ab und an seelische Ausnahmezustände, die mit realen Lebensereignissen direkt zusammenhängen.

Im Falle psychischer Störungen ist dieser Zusammenhang weniger deutlich oder gar nicht vorhanden. Neben einer äußerlich sichtbaren Abweichung von einer bestimmten "Norm", spielt deswegen auch das individuell erlebte Leid des einzelnen Menschen eine Rolle.

Ein teurer "Spaß"!

Psychische Störungen sind übrigens die vierthäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeiten. Das waren sie schon immer, doch früher wurden "Verlegenheitsdiagnosen" angegeben. Man hatte keine Angststörung, man hatte "Rücken".

Heute gehen Ärzte und Patienten offener mit der Thematik um und das Ausmaß wird deutlich.

Seit 1991 stieg die Zahl der Krankheitstage durch psychische Störungen somit um rund 35%. Ein übel teurer "Spaß" für die Volkswirtschaft und eigentlich ein Grund, dass endlich mehr Geld in die Versorgung der Betroffenen gegeben werden sollte. Doch Ideal und Wirklichkeit liegen weit auseinander.

Demenzen sind das neue Megaproblem!

Demenzen nehmen als Folge der steigenden Lebenserwartung in westlichen Gesellschaften tatsächlich massiv zu. Auch hier hat sich das Gesundheitssystem bei Weitem noch nicht an die neuen Realitäten, und das was noch kommt, angepasst.

Das System ist chronisch personell unterbesetzt und unterfinanziert. Hoffen wir das Beste.

Was, wenn man mal jemanden braucht?

Übrigens gibt es eine Institution in unserem Land, die fabelhaft funktioniert, bei der es keine Wartezeiten gibt und deren Nutzung keinen Cent kostet: die Telefonseelsorge. Wer, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit, mit einem ehrenamtlichen Profi sprechen möchte, kann dies anonym tun.

Manches Seelenleid lässt sich so schon auffangen. Telefon: 0800/1110111 und 0800/1110222 bzw. www.telefonseelsorge.de.

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