Na, bist Du neidisch?

Von Psychologie aktuell Gastautorin Gita Soriyaprakash.

Heikles Thema, dieser Neid. Denn wer will schon neidisch sein? Aber warum sind wir neidisch? Weil es in den Genen liege, wie ein Professor namens Antonio Cabrales von der Universität Madrid behauptet? Kann sein, aber reicht das als Erklärung? Eher mal nein.

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Der Professor meint, Neid habe bei der Evolution des Menschen eine ganz wichtige Rolle gespielt, und zwar im Wettstreit um begrenzte Ressourcen. In der Steinzeit sei es nicht darum gegangen zu besitzen, sondern nur darum, mehr als die anderen zu haben.

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Gastautorin Gita Soriyaprakash

Erst so hätten die Jäger und Sammler den besten Partner für die Fortpflanzung oder die Vorherrschaft in einer Gruppe gewinnen können. Es geht also mal wieder um Sex und Essen. Quasi ein Kapitalismus-Gen? Der Stärkere, Schnellere und Gewitztere gewinnt? Nein, bitte nicht!

Neid als Todsünde

Die Christen machten Neid zur „Todsünde". Irgendwie zurecht! Als dann die Juden und Christen auf der Bildfläche der Weltgeschichte erschienen, wurde Neid zur Nummer sechs der Top 7 der Todsünden.

Linda Smithson von der University of London sieht das so: Man sehe da etwa, dass ein anderer Mensch etwas habe, das man selbst nicht habe. Und nun beginne ein psychisches Dilemma; der Nichtbesitzende müsse damit fertig werden, dass er dieses „Ding" selbst nicht habe und eventuell auch nie wird haben können. Diese innere Dissonanz erzeuge Neid.

Und noch etwas ist hoch interessant: während so ziemlich jedes Gefühl von der psychologischen Forschung als inzwischen recht gut erforscht bezeichnet werden kann, ist der Neid bislang kaum erkundet.

Eigentlich ein ideales Feld für jeden Doktoranden. Man möchte den Studierenden zurufen: Dann macht mal! Wir wollen mehr wissen! Doch der Neid sei recht kompliziert und schwer zu erforschen, meint einer der beiden Psychologie aktuell Chefredakteure und Psychologe Andreas Rexroth.

„Neid ist keine reine Emotion, denn Neid beinhaltet Ärger, Wut, Enttäuschung, Scham und Traurigkeit", erklärt der Psychologe. „Neid ist also wohl so etwas, was Curry für die Gewürze ist. Eine wilde Mischung von allerlei Zutaten, doch jeder glaubt es gäbe einen Curry-Strauch". Rexroth verweist ebenfalls auf die dünne Studienlage in Sachen Neid.

Es habe kürzlich eine etwas oberflächliche Befragung gegeben bei rund 2500 Menschen in Deutschland. Dabei hätten Frauen deutlich häufiger als Männer angegeben, dass sie traurig seien, wenn sie ein begehrtes „Ding" im Besitz anderer ertragen müssten.

Männer wurden dagegen eher wütend. Diese geschlechtsspezifischen Reaktionen sprächen abermals dafür, dass Neid nicht mit Sicherheit ein „reines" Gefühl sei.

Neid macht krank!

Hinzu kommt, dass Neid gefährlich sein kann. „In Teams hemmt Neid die freie Entfaltung von Kreativität, er sorgt für Spannungen und im schlimmsten Fall für Mobbing und Burn-Out", mahnt die Therapeutin und Autorin Klaudia Luise Weber.

Der betriebs- und volkswirtschaftliche Schaden durch Neid lasse sich nur schwer beziffern, er dürfe aber immens sein, so Weber. Neid, so mahnt die Therapeutin, mache einsam, unsympathisch und durch chronisch-latenten Stress auch krank.

Forschungsergebnisse deuteten sogar auf einen Zusammenhang zwischen Neidgefühlen und der Neigung hin, eine Depression zu entwickeln. Stelle man bei sich also Neidgefühle fest, solle man sich professionelle Hilfe suchen, denn Neid habe, anders als vielleicht früher in der Steinzeit, heute keine positiven Aspekte mehr, so Weber.

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