47-jährige Salzburgerin warf Geistlichem Vergewaltigung vor - Anwalt des Priesters akzeptiert Expertise nicht - Zwei weitere Gutachten beauftragt
Salzburg - Nach den schweren sexuellen Missbrauchsvorwürfen einer 47-jährigen Salzburgerin gegen den ehemaligen Domprediger Peter Hofer in Salzburg ist am 15. November ein Gutachten eines Psychologen aus Innsbruck eingelangt. Weil dieses aber den im Frühjahr dienstfreigestellten Geistlichen belastet, ließ sein Verteidiger Fritz Müller zwei weitere Expertisen zwecks Überprüfung erstellen, wovon das erste bereits auf dem Tisch liegt. "Das Gutachten aus Innsbruck ist das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben steht. Wir akzeptieren es nicht", wetterte am Montag der Rechtsanwalt.
Angestrengt hatte das aussagepsychologische Privatgutachten der Domprediger selbst. Er wollte nach Publikwerden der Vorwürfe anhand eines Gutachtens beweisen, dass er unschuldig ist. Der emeritierte Universitätsprofessor hatte im März 2011 bei einer Pressekonferenz eine sexuelle Beziehung mit der Frau zwar zugegeben, den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs aber vehement bestritten. Die Frau hatte zuvor dem Nachrichtenmagazin Profil geschildert, sie sei von Hofer in den 80er Jahren, als er die Stadtpfarre Nonntal geleitet hatte, Hunderte Male vergewaltigt worden. Zu Beginn der Tat sei sie noch nicht volljährig gewesen. Die Rechtfertigung des Predigers: Er habe eine intime Beziehung in den Jahren 1985 und 1986 geführt, "als die Frau erwachsen war". Er habe sie nie zum Sex gezwungen und ihr nie Gewalt angetan.
Opfer ist "glaubwürdig und aussagefähig"
Der Fall ist strafrechtlich verjährt. Das Gutachten könnte die Salzburgerin für Regressforderungen an den Geistlichen heranziehen. Die Klasnic-Kommission hatte die Salzburgerin als Opfer anerkannt und ihr einen Kostenersatz von monatlich 650 Euro für die Therapie und auch eine Schmerzensgeldzahlung zugesichert. Psychologe Salvatore Giacomuzzi aus Innsbruck kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass die Frau "glaubwürdig und aussagefähig ist", wie ihr Anwalt Nikolaus Bauer erklärte. Falls der ehemalige Domprediger das Gutachten nicht anerkenne, werde man die Therapie- und Heilungskosten zivilrechtlich einklagen. Es gebe keinen Grund, an der 104 Seiten langen Expertise zu zweifeln, der Gutachter habe mit seiner Mandantin fünf bis sechs Stunden gesprochen und ein umfangreiches psychologisches Testverfahren durchgeführt. Die Gegenpartei habe diesen Psychologen auch vorgeschlagen. Man könne nicht solange Gutachten erstellen lassen, bis das Ergebnis entspreche, betonte Bauer.
Günter Köhnken vom Institut für Psychologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel habe das Gutachten von Giacomuzzi aber zerpflückt, entgegnete Rechtsanwalt Müller. Die Befunde seien zum Teil so widersprüchlich, dass man von Realitätsverkennung ausgehen müsse, die Diagnosen des Gutachters seien zum Teil abenteuerlich, zitierte Müller aus der Expertise von Köhnken. Die Schlussfolgerungen sowohl hinsichtlich der Aussagefähigkeit der Frau als auch der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben seien im günstigsten Fall nicht nachvollziehbar, sehr wahrscheinlich aber falsch.
Nun wartet der Rechtsanwalt des ehemaligen Dompredigers und Pfarrprovisors von St. Jakob am Thurn das Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen aus Salzburg ab. Wenn auch diese Expertise fertig ist, werde er sie dem Salzburger Erzbischof zur Kenntnis vorlegen, sagte Müller. Das kirchenrechtliche Verfahren gegen den Geistlichen ist noch nicht abgeschlossen. Für die Kirche werden die Gutachten eine Entscheidungshilfe sein, ob Hofer wieder in der Seelsorge arbeiten darf oder nicht. (APA)