Vatikanstadt (KAP) Auf gutem Weg, aber nach wie vor verbesserungswürdig sieht P. Hans Zollner, Direktor des Instituts für Psychologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana, die kirchliche Missbrauchsprävention. Rund fünf Monate nach der internationalen Konferenz über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen in der katholischen Kirche in Rom zog der Jesuit im "Radio Vatikan"-Interview eine erste Zwischenbilanz: Die Tagung sei für viele Bischofskonferenzen ein "Augenöffner" gewesen, so Zollner. Verbesserungspotenzial sieht er u.a. beim Umgang mit Opfern sowie kirchlichen Verantwortlichen, die nicht den Leitlinien der Bischofskonferenz folgen. Letzteres habe auch Konsequenzen für rechtliche Fragen im Umgang mit Bischöfen und Oberen, die sich nicht an die Vorschrift hielten.
Bisher haben erst knapp die Hälfe aller nationalen Bischofskonferenzen die vom Vatikan geforderten Leitlinien zur Missbrauchsprävention erarbeitet. Hier sei natürlich die Frage, "wo steht ein Land, wo steht eine Ortskirche in der Diskussion über Missbrauch und über mögliche gesellschaftliche, politische, moralische Implikationen dieser Fragen", so der Jesuit. So sei nach rund 25 Jahren "intensiven Diskussionen" in Westeuropa oder Nordamerika in Süd- oder Osteuropa die Diskussion noch gar nicht angekommen, "ganz zu schweigen von Kontinenten wie Afrika und vielen Ländern Asiens".
Das Symposium in Rom sei als "Hilfestellung" für Bischofskonferenzen, die noch "hinterherhinken", gedacht gewesen, so Zollner. Doch innerhalb von wenigen Monaten würden das einige Bischofskonferenzen "auch wegen ihrer ungenügenden Organisation diesbezüglich" kaum schaffen, einen solchen Text vorzulegen. Schließlich müsse die Kirche auf juristische Fragen in rund 200 Länder eingehen: "Das ist nicht so, dass es nur um eine deutsche, eine österreichische, eine schweizerische und eine italienische Rechtsprechung geht, sondern darum, dass die Kirche jeweils in einem gesellschaftlichen, in einem Gesetzgebungsumfeld eines Land agiert, das überhaupt nicht dem entspricht, was z.B. wir Europäer uns vorstellen."
Die Päpstlichen Universität Gregoriana hat in Zusammenarbeit mit dem Ulmer Klinikum Kinder- und Jugendpsychologie und der Erzdiözese München-Freising eine "E-Learning-Plattform" zur Missbrauchsprävention eingerichtet, die laut "Radio Vatikan"-Bericht noch in der Testphase ist. Es gehe hier nicht um die Betreuung von Opfern: "Wir wollen für Prävention, für eine bessere Vorbeugung von Missbrauch arbeiten", betonte Zollner. In den kommenden Jahren soll ein Programm entwickelt werden, mit dem sich Diözesen, Pfarreien, katholische Schulen usw. weltweit in 30 Stunden Lernprogramm über das Thema informieren können.
Die österreichischen Bischöfe hatten bereits im Jahr 2010 eigene Richtlinien für Ahndung und Vorbeugung sexuellen Missbrauchs in der Kirche veröffentlicht.