Marcel Zentner ist Professor am Institut für Psychologie der Universität Innsbruck, gemeinsam mit seiner Kollegin Alice Eagly der amerikanischen Northwestern University analysierte er hunderte Studien aus verschiedenen Disziplinen, die sich mit gesellschaftlichen Einflüssen auf die Partnerwahl befassen. Die Ergebnisse zeigen, „dass die Partnerpräferenzen von Frauen und Männern mit unvermuteter Schnelligkeit auf Fortschritte in der Gleichstellung reagieren“, sagt Marcel Zentner.
Die Originalarbeit
Die Arbeit unter dem Titel “A sociocultural framework for understanding partner preferences of women and men: integration of concepts and evidence” wurde im Januar in der European Review of Social Psychology veröffentlicht.
Gemeinsamer Lebensentwurf wichtig
Alice Eagly sagt, Partnerinnen und Partner würden vor allem danach ausgewählt, wie sehr sie in einen bestimmten Lebensentwurf hineinpassten. Lebensentwürfe würden durch die zunehmende Gleichstellung der Geschlechter maßgeblich geprägt. Zentner erläutert, das Muster, dass Frauen von Einfluss und Reichtum angezogen werden und Männer von Jugend und Schönheit schmelze in Ländern mit zunehmender Geschlechtergleichstellung dahin. In Finnland seien etwa Bildung und Intelligenz der Partnerin oder des Partner für Männer bereits wichtiger als für Frauen.
Die beiden Wissenschaftler wiesen bei ihrer Analyse nach, dass Änderungen in Geschlechterrollenbildern parallel zu Änderungen in Partnerpräferenzen verlaufen. Einkommen und Bildung der Frau spielten vor 75 Jahren bei der Partnerwahl kaum eine Rolle, während heute immer mehr Männer diese Eigenschaften als sehr bedeutsam einschätzen.
Gleichstellung wirkt wie ein Hebel
Gleichstellung wirke wie eine Art Hebel, beschreibt Marcel Zentner die Ergebnisse der Analyse. „Wird er nach oben gedrückt, verkleinern sich die Unterschiede in den Partnerpräferenzen zwischen Männern und Frauen, egal ob der Hebel bei der Kultur, der Person, oder dem Tempo gesellschaftlicher Entwicklungen angesetzt wird.“
Das bedeutete aber nicht, dass diese Unterschiede ganz verschwinden würden oder dass biologische Faktoren keine Rolle spielten. Feststellen lasse sich jedoch, dass gesellschaftliche und psychologische Faktoren Partnerpräferenzen weit mehr prägen, als wir bisher vermutet haben.“
Bisherige Theorien geraten ins Wanken
Dieses Ergebnis rühre an den Grundfesten einer verbreiteten Theorie, wonach unsere Partnerpräferenzen evolutionsbiologisch festgeschrieben sind. Frauen würden Männer mit Ressourcen zum Großziehen ihrer Kinder brauchen, Männer hingegen möglichst viele fruchtbare Frauen. So könnten beide die größtmögliche Zahl von Nachkommen hinterlassen.
Doch einige Evolutionsbiologinnen und -biologen argumentierten heute anders. Unsere Vorfahren hätten sich ständig wechselnden Umwelten mit neuen Anpassungsproblemen stellen müssen. Den Überlebensvorteil hatten also diejenigen, die flexibel auf Veränderungen in der Umwelt reagieren konnten. Das evolutionsgeschichtliche Ergebnis sei die dem Menschen eigene Flexibilität.
Publiziert am 10.02.2016