Die Beiß-Attacke von Uruguays Fußball-Star Luis Suarez gegen Italiens Giorgio Chiellini verwundert selbst Sportpsychologen.
„Dieses Beiß-Verhalten kennen wir sonst nur von Kleinkindern. Es ist ein Hilflosigkeitsverhalten. Ein Kind weiß sich wegen körperlicher Unterlegenheit nicht anders zu helfen und beißt spontan um sich. So ein Verhalten assoziieren wir normalerweise nicht mit einem erwachsenen Mann“, sagte Dr. Jeannine Ohlert vom Psychologischen Institut der Deutschen Sporthochschule in Köln dem Sid.
Grundsätzlich sei das 1:0 ein „hitziges“ Spiel gewesen. „Der Schiedsrichter hat lax gepfiffen. Dann empfindet ein Spieler seinen Gegner als unfair, kriegt viel ab, wird wenig geschützt. Dadurch steigt die eigene Aggression“, erklärte Ohlert.
Dann gehe es für jeden Profi darum, die eigenen Emotionen unter Kontrolle zu halten. Dies werde aber medizinisch nachgewiesen durch körperliche Belastung erschwert.
Spuren auf der Schulter: Giorgio Chiellini
Foto: Getty Images
Frontalhirn weniger durchblutet
„Dabei wird das Frontalhirn weniger durchblutet, dadurch werden Gefühle schlechter kontrollierbar. Man kennt das aus Vergangenheit auch von Zinedine Zidanes berühmtem Kopfstoß“, sagte Ohlert.
Warum der Liverpool-Stürmer Suarez (27) als Wiederholungstäter in solchen Situationen ausgerechnet zum Beißen neige, sei aus der Ferne nicht zu beurteilen, so die Diplom-Psychologin: „Man kann nur spekulieren, ob das mit Erlebnissen aus der Kindheit zu tun haben könnte.“
Grundsätzlich können Sportpsychologen mit Spielern die Gefühlskontrolle zum Beispiel mit Entspannungs- oder Ablenkungstechniken üben. „Aber das muss derjenige auch wollen. Dazu muss ein Unrechtsbewusstsein vorhanden sein“, sagte Ohlert: „Und das nimmt man bei diesem Spieler anhand seiner Reaktion nach dem Spiel nicht so wahr.“
Fall Großkreutz
Unter Umständen ließe sich so ein Verhalten aber auch nicht komplett unterdrücken. „Und dann kommen Diskussionen auf wie bei uns im Falle von Kevin Großkreutz, ob ein Trainer solche Spieler überhaupt zu einem Turnier mitnehmen sollte“, sagte Ohlert.
Der Nationalspieler von Borussia Dortmund hatte mit ungebührlichem Verhalten in einem Berliner Hotel vor der WM für Schlagzeilen gesorgt.
Dass auch ein DFB-Spieler mal auf dem Platz zubeißen könnte, hält die Fachfrau indes für unwahrscheinlich: „Es sind so genannte Trigger, die immer den gleichen, individuellen Reflex bei Menschen auslösen. Wenn ein deutscher Spieler zu so etwas neigen würde, hätte man das schon einmal auf dem Platz gesehen.“
Menschenbisse können lebensbedrohliche Folgen haben
Menschenbisse gelten als gefährlicher und mit höheren Infektionsraten verbunden als die vieler Tiere.
Hundebisse zum Beispiel infizieren sich viel seltener. Ursache sind potenziell gefährliche Bakterien aus der Mundflora, die übertragen werden können - häufig Streptokokken oder Staphylococcus aureus. Viren wie Hepatitis B und HIV spielen kaum eine Rolle.
Breiten sich die Bakterien im Körper aus, kann das zu Blutvergiftung, Hirnhautentzündung oder Endokarditis - einer Entzündung am Herzen - führen. Ein großer Teil der ärztlich behandelten Menschenbisse sind Liebesbisse bei sexuellen Aktivitäten. Die übrigen stammen fast alle von Schlägereien.
Bekannt sind zudem skurrile Fälle: Menschen ohne Fahrschein oder Ausweis, die nach Ordnungshütern schnappten, eine Oktoberfest-Besucherin, die ihre Zähne in eine vor ihr auf dem Tisch tanzende Männerwade grub. Auch Wut über ein zugeparktes Auto war bereits Anlass, herzhaft zuzubeißen.