Ich heiße Viktoria Hoffmann, bin 22 Jahre alt und Studentin. Ursprünglich komme ich aus dem Südharz OT Rottleberode. Von 2008 bis 2011 habe ich in Halle in der wunderschönen Wohnanlage "Landrain" des Studentenwerks gelebt und meinen Bachelor in Psychologie gemacht. Ich hatte echt eine tolle Zeit in Halle, habe viel Spaß gehabt und nette Leute kennengelernt.
Zum Master habe ich nach Göttingen gewechselt, studiere dort also im 2. Fachsemester Psychologie. Obwohl viele Halle gar nicht kennen und wenn dann meist eine schlechte Meinung darüber haben- ich mag Halle sehr und vermisse es regelrecht!
Von dem Jan Josef Liefers-Konzert habe ich über Facebook erfahren, weil ich die Seite "Mein Halle(Saale)" like und die Posts immer genau verfolge. Ein Post lautete sinngemäß: "Die Händels Open beginnen und Jan Josef Liefers kommt nach Halle". Als leidenschaftliche Tatortguckerin und Fan vom Tatort Münster mit Boerne Thiel horchte ich auf und erkundigte mich durch einen einfachen Kommentar danach, wie und wo man denn Jan Josef Liefers treffen könnte, um ein Autogramm zu ergattern. Und wenige Tage später sitze ich im Seminar, mein Smartphone zeigt mir Neuigkeiten bei Facebook an und ich habe Karten geschenkt bekommen! Vom Rest der Seminarsitzung habe ich nichts mitbekommen, ich war soooo aufgedreht!
Sofort dachte ich daran, die zweite Karte meiner Mutter zukommen zu lassen, schließlich ist sie es, die jeden Sonntag neben mir auf der Couch sitzt, wenn mein Freund schon wieder die Reise zurück zum Studienort angetreten hat. Zusammen haben wir schon jeden Fall gelöst 😉 Tja, leider hat sie Pech gehabt: Gebucht war genau in der Konzertwoche eine Ibizareise mit meinem Vater. Auch schön.
Deshalb habe ich meine ehemalige Kommilitonin mitgenommen. Den Konzertbesuch habe ich gleich noch genutzt, um ein paar alte Freunde wieder zu treffen. Ein Döner am Reileck, Mensen in der Tulpe und Sonnen am Landrain...das ist alles machbar gewesen in den knapp 24 Stunden, die mein Halle-Trip gedauert hat. Es war klasse und zum Glück war auch ein traumhaftes Wetterchen.
Das Konzert startete mit einer Bahnfahrt aus Neustadt zum Hallmarkt. Wenn man in Göttingen, einer Stadt ganz ohne Straßenbahn, lebt und jeden Zentimeter mit dem Rad überwinden muss, dann freut man sich auch mal übers Straßenbahnfahren.
Auf dem Hallmarkt haben wir uns dann an der Abendkasse gemeldet und die sympathische Eventmanagerin Nancy kennengelernt. Eigentlich sollte es ein Treffen und eine Autogrammstunde vor dem Konzert geben, zwei mal zwei andere Gewinner waren auch noch dabei. Allerdings hatte Jan Josef Liefers etwas Verspätung, es blieb keine Zeit und wurde auf nach das Konzert verlegt.
Das Konzert war eine Mischung aus Musik und Standup-Comedy. Liefers nahm uns mit ins Jahr 1964, als er in Dresden geboren wurde: in seine Schulzeit, in der er ziemlich viel Unfug anstellte, in den Plattenladen genau unter der Mietswohnung in der Prager Straße, wo ihm unwissentlich Udo Jürgens alkoholischer Evergreen in Vinylform angedreht wurde, zu seinen ersten Gitarrenstunden, die er nahm um Mädels aufzureißen, bis zu den Partys, auf denen er mit dieser Masche Erfolg hatte.
Für meine Freundin und mich- kurz vor, beziehungsweise kurz nach der Wende geboren- war das alles ziemlich neu. Liefers wärmte nicht die super bekannten Ostrocksongs auf wie City‘s "Am Fenster" und ähnliches. Er wählte Lieder, die ihn persönlich zu dieser Zeit beeinflusst haben, um sie zwischen den Anekdoten zusammen mit der Band "Oblivion" zu präsentieren. Bis auf wenige Stücke kannten wir das meisten gar nicht. Aber das war kein Problem. Seit dem Konzert höre ich nun LIFTS "Mein Herz" rauf und runter. Am lustigsten war die Coverversion von dem Schmusesong "Anna Maria" der polnischen Band "Die Roten Gitarren". Schließlich coverte Liefers nicht nur Text und Musik, sondern auch den osteuropäischen Dialekt. Interessant war, dass eigentlich alle Menschen um uns herum die Lieder mitsingen konnten. Nicht nur das: Es schienen für viele Hymnen ihrer Jugend gewesen zu sein. Der Altersdurchschnitt wird bei knapp 50 Jahren gelegen haben- also genau Liefers Kohorte.
Dabei muss ich wieder an meine Mutter erinnern. Sie ist ebenfalls 1964 geboren und hätte ganz sicher viel Spaß gehabt. Schon bei meinen Erzählungen, als sie stark gebräunt von der Insel zurück war, wurde in einer Tour gelacht und in Erinnerungen geschwelgt. Leider musste Liefers pünktlich um 23 Uhr aufhören zu spielen, da die Anwohner des Hallmarktes wohl auch irgendwann ins Bett mussten. Ein paar Studenten bewiesen das Gegenteil: Tanzten zu zehnt auf einem kleinen Balkon und schwenkten Wunderkerzen hin und her.
Nach dem Konzert war es dann soweit. Nach kurzer Erfrischungspause stand er da, ganz nah und schrieb im Akkord Autogramme. Ich bekam nicht nur eines für mich. Eine gute Freundin von mir, die auch aus Halle stammt und nun in Wolfsburg lebt, ist ein riesen Fan von Liefers. Wenige Tage vor dem Konzert wurde ihr Sohn geboren- der kleine Tom. Tom wird wohl nun sein Leben lang behaupten können, dass niemand so früh die eigene Autogrammsammlung begonnen hat wie er, denn Liefers schrieb "Welcome Tom!" auf die unterschriebene Eintrittskarte, die ich am nächsten Tag nach Wolfsburg schickte. Das fand ich wirklich klasse von ihm! Er ist sehr nett und charmant.
Meine Begleitung kannte Liefers ausschließlich aus den Tatorten. Zwischen Liefers privat - beziehungsweise in seiner Rolle als Sänger- und dem Rechtsmediziner Dr. Boerne liegen allerdings rein äußerlich schon Welten. Boerne stets mit adrett und präzise frisiertem Bart, Anzug und Nickelbrille. Liefers mit Hut, Struwwelhaaren, Sweatjacke und ganz ohne Bart. Anders - aber auch toll. Das war auch das Fazit meiner Begleitung Edda.
Da der Andrang auf den beliebten Schauspieler mit der attraktiven Stimme sehr groß war, blieb leider wenig Zeit für ein persönliches Gespräch und das geschossene Foto ist auch eher ein witziges Andenken geworden.
Insgesamt war der Abend wirklich locker und unverwechselbar. Ich finde, dass Liefers Programm gut in die Händels Open gepasst hat - hochkarätige Künstler, und trotzdem kein steifes Klassikfestival. Der Eintrittspreis von dreißig Euro pro Person ist natürlich für einen Studenten schon eine Stange Geld, aber doch im Deutschrock-Durchschnitt und liegt irgendwo zwischen den Preisen von "Juli" und "Die Toten Hosen". Falls es dieses absolut lustige Programm doch noch einmal zu sehen geben würde, obwohl dies ja so nicht geplant ist, würde ich es auf jeden Fall meinen Eltern und andern Leuten in diesem Alter empfehlen. Aber auch wir jungen Hüpfer ohne nennenswerte "Vorkenntnisse" haben viel zu lachen gehabt an dem heißen Sommerabend, im Hintergrund die unverkennbare Silhouette der Marktkirche bei Sonnenuntergang.
Im Bachelor blieb mir kaum Zeit, auch mal was wirklich tolles in Halle zu unternehmen, das habe ich jetzt nachgeholt. Vielleicht muss man manchmal erst wiederkommen, um alles mitzunehmen.
Dankeschön noch mal!
Karte: