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Jährlich fehlen sieben Milliarden Dollar im Kampf gegen Aids
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Mit einem eindringlichen Plädoyer gegen Nachlässigkeit im Kampf gegen HIV ist gestern in Washington die Internationale Aids-Konferenz eingeläutet worden. Experten und Wissenschaftler sprachen zum Auftakt der Tagung von einem «Wendepunkt» in den Bemühungen um eine Eindämmung der Epidemie. «Die künftigen Generationen zählen auf unseren Mut und unsere Kühnheit, in grossen Massstäben zu denken und unsere Chancen zu nutzen», erklärte die Co-Vorsitzende der Internationalen Aids-Konferenz, Diane Havlir.
Auf ein Heilmittel oder einen Impfstoff gegen die Immunschwächekrankheit wartet die Welt immer noch. Aber Wissenschaftler setzen nach eigenen Angaben auf Methoden, mit denen die Ausbreitung des hartnäckigen HI-Virus unterbunden werden soll. So ruhen die Hoffnungen auf Medikamenten, die Patienten nicht nur das Leben retten, sondern sie weniger ansteckend machen sollen.
Allerdings dürfte die Herausforderung für die mehr als 20'000 Teilnehmer der Washingtoner Konferenz darin bestehen, die vielversprechenden wissenschaftlichen Erkenntnisse in die praktische Realität zu überführen. Dabei dürfte es wohl diese Woche nicht nur um die Frage gehen, welcher Cocktail aus HIV-Schutz-Massnahmen in den unterschiedlichen Weltregionen am besten wirkt. Und eine wichtige Rolle spielen auch die Geldmittel, welche die Geberländer im Kampf gegen eine Krankheit investieren wollen, die sich zunehmend zu einer Geissel der Armen und Ausgegrenzten entwickelt hat.
Wo ist das Geld?
Die Weltgemeinschaft gab im Kampf gegen Aids im vergangenen Jahr 16,89 Milliarden Dollar aus. Allerdings fehlen nach UN-Angaben jährlich noch immer sieben Milliarden Dollar, um 15 Millionen behandlungsbedürftige Menschen bis 2015 mit den nötigen Medikamenten zu versorgen.
Die globale Rezession und die Nachlässigkeit im Kampf gegen Aids bedrohten entsprechende Investitionen zusätzlich, warnten die Experten gestern in ihren Vorträgen. «Wir dürfen keine Schritte zurückmachen», erklärte die Präsidentin der Internationalen Aids-Gesellschaft, Elly Katabira. Ihre Kollegin Diane Havlir pflichtete ihr bei: «Es wäre ein ausserordentliches globales Versagen, wenn finanzielle Einschränkungen unsere Möglichkeiten zur Eindämmung von Aids zu einem Zeitpunkt schmälern würden, an dem das Ziel erwiesenermassen erreichbar ist.»
«Wir können Aids jetzt als etwas betrachten, das wir wirklich kontrollieren können», sagte Weltbank-Präsident Jim Yong Kim bei der offiziellen Eröffnungsfeier. «Ich verspreche, dass die Weltbank unermüdlich im Kampf gegen Aids mitarbeiten wird, bis wir gewonnen haben.» Kim ist der erste amtierende Weltbank-Präsident, der bei einer Aids-Konferenz aufgetreten ist.
Anstelle von US-Präsident Barack Obama sprach dessen Gesundheitsministerin Kathleen Sebelius. Obama hatte seine Teilnahme im Vorfeld des Treffens abgesagt und dafür scharfe Kritik von Aids-Aktivisten geerntet. «Wir haben grosse Fortschritte gemacht, aber es bleibt noch viel zu tun. Lasst es uns gemeinsam anpacken», sagte er in einer kurzen Videobotschaft, die auf der Webseite des Weissen Hauses veröffentlicht wurde.
«Wir können das schaffen»
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon erinnerte in einer Videobotschaft bei der Zeremonie an die vom HIV/Aids-Programm der Vereinten Nationen (UNAIDS) angepeilten Ziele: Bis 2015 sollen HIV-Neuinfektionen halbiert, 15 Millionen Infizierte behandelt und keine Babies mehr mit HIV geboren werden.
«Wenn wir uns jetzt neu fokussieren, unsere Anstrengungen auffrischen und die Investitionen erhöhen, dann können wir das schaffen», sagte Ban. Zuvor hatte die Hollywood-Schauspielerin Sharon Stone die iranischen Brüder, Aids-Forscher und Menschenrechtsaktivisten Arash und Kamiar Alaei mit dem neugeschaffenen Elizabeth-Taylor-Preis der Stiftung für Aids-Forschung (amfAR) ausgezeichnet.
Steigende Infektionszahlen in Osteuropa
Themen der Konferenz werden vor allem die Finanzierung der Behandlung und Vorbeugung von HIV sowie neue Ergebnisse der Forschung sein. Besonders auf den Gebieten der Impfung und Prävention sind den Experten zufolge in jüngster Zeit grosse Fortschritte erzielt worden.
Sorgen bereiten aber die zunehmende Resistenz gegen HIV-Medikamente und steigende Infektionszahlen in Zentralasien, Osteuropa, dem Mittleren Osten und Nordafrika. Als Reaktion hatte Ban in der vergangenen Woche den ehemaligen Direktor des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, Michel Kazatchkine, als HIV/Aids-Sondergesandten für Osteuropa und Zentralasien eingesetzt.
Als Redner sind unter anderem die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Margaret Chan, Weltbankpräsident Jim Yong Kim, US-Aussenministerin Hillary Clinton, Musiker Elton John und Schauspielerin Whoopi Goldberg zu der sechstägigen Tagung geladen. Die Konferenz wird das erste Mal seit 22 Jahren in den Vereinigten Staaten abgehalten. Weltweit sind rund 34 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert, etwa 30 Millionen sind bereits an Aids gestorben.
(rbi/dapd)
Erstellt: 23.07.2012, 08:33 Uhr
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