Italienisch pauken und getrüffelte Spaghetti statt Spätzle mit Soß"

Fellbach. Stadträtin Brigitte Heß verbringt bis März ein Semester an der Universität von Cosenza in Kalabrien. Von Brigitte Hess

Lehren und lernen - das sind zwei wichtige Dinge im Leben von Brigitte Heß. Die Fellbacher Stadträtin (Freie Wähler) war nach ihrem Studium der Pädagogik und pädagogischen Psychologie Lehrerin, später Rektorin, und leitete in den letzten Jahren vor ihrer Pensionierung als Oberstudiendirektorin das Pädagogische Fachseminar in Kirchheim/Teck. Nach einem Berufsleben als Lehrende wollte sie nach der Pensionierung noch einmal zur Lernenden werden, erklärt sie ihre Motivation zu einem erneuten Studium im Ruhestand.

"Während meines Lehrerdaseins wurde mir bewusst, wie schwierig es für Migranten ist, sich in einer neuen Gesellschaft einzufinden", sagt sie. So schrieb sie sich an der Pädagogischen Hochschule (PH) Schwäbisch Gmünd zum Masterstudiengang "Interkulturalität und Integration" ein. Im Moment arbeitet sie an ihrer Masterarbeit unter dem Titel "Heimat ist - hier!", eine qualitative Studie zu der gleichnamigen Veranstaltungsreihe für Migrantinnen der Landeszentrale für politische Bildung. Was bedeutet der Begriff Heimat im Zeitalter der Globalisierung? Können sich Migrantinnen mit ihrem neuen Wohnort identifizieren? Das sind Fragen, denen Brigitte Heß nachgeht.

Doch nun ist die Fertigstellung der Masterarbeit um ein halbes Jahr verschoben worden, denn Brigitte Heß wurde von der PH Gmünd gefragt, ob sie an dem Doppelmaster-Studiengang "Interkulturalität und moderne Sprachen und Literaturen" teilnehmen möchte, den die PH Schwäbisch Gmünd gemeinsam mit der Universität der süditalienischen Stadt Cosenza anbietet. Sechs Italiener studieren inzwischen an der PH Schwäbisch Gmünd, gemeinsam mit einer Kommilitonin reiste Brigitte Heß im Oktober nach Cosenza in Kalabrien. Ihr Mann Manfred, ebenfalls in Pension, begleitet sie. Das Ehepaar wohnt in einem kleinen Appartement auf dem Campus der Universität. Noch in Schwäbisch Gmünd belegte die Stipendiatin einen Crashkurs in Italienisch, in Cosenza stehen wöchentlich sechs Stunden Italienischunterricht auf dem Programm. "Inzwischen kann ich den Vorlesungen ganz gut folgen, das Sprachverständnis entwickelt sich ja schneller als die Fähigkeit, selbst in einer neuen Sprache zu sprechen."

Vor allem die Sprechgeschwindigkeit der Italiener macht ihr noch Probleme: "Meine erste Bitte an meine Gesprächspartner ist meist: Sprechen Sie bitte langsam", sagt Brigitte Heß schmunzelnd. Ihr Mann nimmt ihr viele Alltagsdinge ab, er plant auch die Wochenendausflüge. "Die Landschaft ist wunderschön, wir haben dreißig Kilometer zum Meer, wo man noch den ganzen Oktober baden konnte, und hinter Cosenza erheben sich die Berge des Sila-Naturparks, eines Ausläufers des Apennin - im Herbst waren die Kastanienwälder wunderschön", schwärmt das Ehepaar. Allerdings sind in der dünn besiedelten Landschaft kaum Wanderwege markiert. Auch die italienische Küche genießen die Fellbacher in vollen Zügen, Brigitte Heß holt ein Foto eines Restaurantbesitzers hervor, der stolz einen kiloschweren Trüffel zeigt.

Per E-Mail bekommt die Stadträtin alle Mitteilungen ihrer Fraktion und der Stadtverwaltung, zur Verabschiedung des städtischen Haushalts im Dezember war sie wieder in Fellbach, wo das Ehepaar auch Weihnachten und Silvester verbrachte. Am 8. Januar geht es dann wieder Richtung Kalabrien. Kontakt zu den anderen, aus aller Herren Länder stammenden Studenten zu bekommen, sei leicht. Auch die Italiener zeigten sich sehr interessiert an den Deutschen. "Als wir mit unseren Walkingstöcken losmarschierten, war das für die Italiener schon sehenswert", erzählt Brigitte Heß. Ein Student aus dem Iran habe sich gleich in das bestockte Ausschreiten einführen lassen. Von der Lässigkeit der Italiener ist das Fellbacher Ehepaar beeindruckt, die daraus manchmal folgende Unstrukturiertheit koste aber auch oft viel Zeit, hat Brigitte Heß erfahren.

In Zusammenarbeit mit dem Amt für ausländische Beziehungen beschäftigt sich Brigitte Heß in Cosenza mit einem Projekt, das untersucht, wie außereuropäische Studenten an die europäische Kultur herangeführt werden können. Im Frühjahr muss sie am Ende ihres Auslandssemesters sechs Prüfungen ablegen.

Dann wird die Masterarbeit wieder erste Priorität haben. Und wie sie ihre neugewonnenen Erkenntnisse umsetzen kann, weiß Brigitte Heß auch schon: "Ich werde das Thema "Heimat ist - hier!" auch in Fellbach in Kooperation mit den entsprechenden Stabsstellen als Projekt anbieten."

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