Wie entwickelt sich die menschliche Persnlichkeit im Laufe des Lebens? Das ist das Thema von Jule Specht, Juniorprofessorin an der FU im Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie. Auch ber die Bedeutung der Zufriedenheit hat sie geforscht. Fr ihre Arbeit hat sie vor wenigen Tagen den Berliner Wissenschaftspreis in der Nachwuchskategorie erhalten. Wir haben mit Jule Specht ein Interview gefhrt.
Was genau ist Glck? Und warum ist es so flchtig?
In der Persnlichkeitspsychologie sprechen wir von Glcklichkeit, wenn eine Person zum einen sagt, dass sie mit ihrem Leben, also mit Beruf, Partner oder Familie, zufrieden ist, und zum anderen auch berichtet, dass sie viele positive Emotionen und wenig negative Emotionen wie Angst, Traurigkeit, rger erlebt. Warum das Glcksgefhl aber nur so kurz anhlt, wissen wir eigentlich nicht. Wir hoffen ja alle, dass wir mglichst lange von positiven Dingen profitieren knnen und mittelfristig bleibt Glck auch stabil. Aber wenn man sich Studien ansieht, zum Beispiel zur Situation nach der Familiengrndung, dann ist es schon so, dass es danach nur sehr kleine Glckshochs gibt. Dafr gibt es unterschiedliche Erklrungsanstze: Generell ist es natrlich gut, wenn man glcklich ist, denn man fhlt sich besser. Man lebt auch gesnder und lnger und kann mit Rckschlgen besser umgehen. Andererseits wird man durch Unglcklichsein auch auf Dinge aufmerksam gemacht, die nicht optimal laufen - und die man dann verbessern knnte.
Und wie kann man es schaffen, Glcksgefhle lnger wachzuhalten?
Positive Ereignisse scheinen deutlich schneller zu verblassen und Negatives uns wesentlich lnger zu beeinflussen. Eine Empfehlung ist, sich die Dinge, die gut laufen, wirklich bewusst zu machen statt immer neuen Zielen hinterherzujagen. Aber auch Persnlichkeitseigenschaften beeinflussen das Wohlbefinden sehr stark - jemand, der sehr extrovertiert und wenig emotional labil ist, ist meist auch eher glcklich. Man kann Einfluss nehmen, indem man unter Leute geht, sich Gutes tut und auf das Gute besinnt, aber einfach ist es nicht.»
Sind es nicht gerade die schwierigen, schmerzhaften Erfahrungen, an denen ein Mensch wachsen und reifen kann?
Jule Specht: «Das halte ich fr einen Trugschluss. Dazu gibt es aktuell eine Diskussion in der Psychologie. Meiner Meinung nach sprechen aber mehr Studienergebnisse dafr, dass negative Lebensereignisse sich negativ auswirken und positive Entwicklungen eher in einem positiven Kontext geschehen - also einer gefestigten Familie, guten Beziehungen und erfllendem Beruf. Generell ist es so, dass sich die Menschen eher positiv entwickeln, wenn sie zufrieden mit ihrem Leben sind.»
Jule Specht (28) ist Psychologin und lebt in Berlin. Sie ist Juniorprofessorin an der Freien Universitt Berlin (Institut fr Erziehungswissenschaften und Psychologie) und befasst sich mit der Entwicklung der Persnlichkeit im Erwachsenenalter. Zu diesem Thema leitet sie auch ein Netzwerk der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Auerdem untersucht sie Ursachen und Folgen von Wohlbefinden - und schreibt regelmig einen Blog zu psychologischen Themen.