Interview: "Es geht um ein Gefühl von Macht und Überlegenheit"


09.12.2011 02:50 Uhr TRANSFER

Dr. Jens Hoffmann ist Leiter des Instituts Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt. Er ist Autor zahlreicher Fachbücher, unter anderem zu den Themen Amok und Terrorismus.

Jens HoffmannWieso glauben Menschen, ihre Ziele mit Gewalt und Terror durchsetzen zu können?

JENS HOFFMANN: Aus kriminalpsychologischer Sicht kommen bei Terrorgruppen zwar verschiedene Charaktere zusammen – häufig verbindet sie aber ein Gefühl von politischer Wut und Unzufriedenheit. Daraus formt sich eine Gruppenidentität. Sie schließen sich immer mehr nach außen ab und entwickeln immer extremere und starrere Meinungen. Das führt zu einem Gefühl von Überlegenheit und einem Größenerlebnis. Die Mitglieder halten sich für eine Art von politisch und moralisch Auserwählten, die glauben, den Rest der Welt retten zu müssen.

Die Gruppe war in der Vergangenheit relativ ruhig. Woher kommt die Radikalisierung?

HOFFMANN: Das Thema Eurokrise und die kommenden Konferenzen sind sicherlich ein Aufhänger. Es könnte auch an der Gruppendynamik liegen: Eine Gruppe muss regelmäßig Handlungen begehen, um sich intern zu rechtfertigen. Dann werden manchmal einfach Anlässe gesucht.

Glauben diese Leute, dass sie mit Terror ernsthaft etwas erreichen können?

HOFFMANN: Sie versteigen sich tatsächlich in Fantasien und glauben, ihre Ziele erreichen zu können. Manchmal gibt es auch einen theoretischen Plan wie bei der RAF, die auch das Volk mobilisieren wollte.

Sind die weiteren Drohungen ernst zu nehmen oder Teil einer Terror-Rhetorik?

HOFFMANN: Schwer zu sagen. Wenn sie wirklich funktionsfähige Bomben bauen, wollen sie auch zeigen, zu was sie in der Lage sind und ihre Entschlossenheit unterstreichen.

Allerdings war der Anschlag auf Ackermann zum Glück erfolglos.

HOFFMANN: Selbst wenn sie wissen, dass Briefbomben abgefangen werden können, macht es für Terroristen dennoch Sinn. Sie wollen verunsichern, um bestimmt Strukturen zu verändern. Und ersteres ist in diesem Fall dennoch gelungen. Sie haben eine Öffentlichkeit bekommen und für Angst bei den Betroffenen und Personen in vergleichbaren Kreisen gesorgt.

Artikel vom 09. Dezember 2011, 03.20 Uhr (letzte Änderung 09. Dezember 2011, 08.25 Uhr)

 

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