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Niemand weiss, wen das Virus als Nächsten erwischt. Die Tante, den Bruder, die Grossmutter oder den Vater. Wie ein Phantom geistert es umher, tötet immer mehr Menschen und verbreitet Angst. Ganze Familien sind in den von Ebola betroffenen Gegenden zu Opfern der Epidemie geworden. Nur weil sie sich um ihre Kranken kümmerten und ihre Toten beim zeremoniellen Abschied noch umarmten oder küssten.
«Wir mussten den Menschen ihr Beerdigungsritual verbieten», erklärt Alphonse Salamin, der als psychosozialer Helfer von Médecins sans Frontières (MSF) einer der Ersten vor Ort war, in der Stadt Guéckédou, dem Epizentrum der Seuche in Guinea, unweit der Grenze zu Sierra Leone und Liberia. Aus seuchenhygienischen Gründen wurden die Toten fortan in speziell angefertigten Plastiktaschen aus der Behandlungsstation transportiert und möglichst schnell beerdigt. Es habe viel Geduld und Gespräche gebraucht, um Verständnis dafür zu schaffen. Oft sei dies gelungen, aber leider nicht immer.
Jeder Zweite ein Analphabet
Als Alphonse Salamin Ende März nach Guinea flog, um dort für fünf Wochen als Psychologe für das MSF-Team zu arbeiten, brauchte er erst einmal zwei Tage, um nach Guéckédou zu gelangen. Denn der geplante Flug von Conakry, der Hauptstadt Guineas, fiel aus. Mit einem Geländewagen erreichte er über holprige Sandpisten sein Ziel. Vorbei an abgelegenen, mit Stroh bedeckten Lehmhütten, vorbei an Frauen, die am Strassenrand Wasserkrüge, Früchte oder Holzscheite auf dem Kopf und Kinder auf dem Rücken trugen, und vorbei an jungen Männern, die Ziegen hüteten.
In einem der ärmsten Länder Westafrikas, einer französischen Ex-Kolonie, in der ungefähr jeder zweite Analphabet ist, hat die verheerende Seuche begonnen. Von Guéckédou aus hat die Viruserkrankung ihren mysteriösen Verlauf genommen und sich zur bisher grössten Ebola-Epidemie entwickelt.
Wie Wissenschaftler im Nachhinein festgestellt haben, gab es Anfang Dezember 2013 in dieser Stadt den ersten mit diesem Virusstamm Infizierten, den so- genannten Patienten Zero. Ein zweijähriges Kind, das ins Spital gebracht wurde, weil es unter Fieber litt, erbrechen musste und schwarzen Stuhl hatte. Vier Tage nach der Einlieferung starb es. Und danach die Mutter, die dreijährige Schwester, die Grossmutter, die Krankenschwester und die Dorfhebamme. Eine Familientragödie.
«Es ist schwer zu ertragen, wie viele Menschen plötzlich Opfer dieser Krankheit sind», sagt Salamin. Und wie ohnmächtig man dem Ganzen gegenüber- stehe. Deshalb sei es seine Aufgabe gewesen, sich um die Patienten und ihre Familien sowie um die Zurückgebliebenen im Dorf zu kümmern. Er habe sich ihre Sorgen und Ängste angehört und versucht, ihnen Mut zu machen. Anteilnahme und konkrete Solidarität seien wichtig.
Salamin hat in Guéckédou dafür gesorgt, dass der Kontakt zu den Patienten erleichtert wurde und die Angehörigen sie in der Behandlungsstation besuchen konnten. Er brachte Geld auf, wenn jemand einen Sarg aus Holz wünschte oder sich kein Motorradtaxi zum Spital leisten konnte. Wann immer möglich ging er auf die Beerdigungen, weinte und trauerte mit den Hinterbliebenen.
«Ich habe aber auch stets ein wachsames Auge haben müssen, dass all die Mitarbeiter von MSF vor lauter Engagement, Eifer und Solidarität nicht selbst an ihre Grenzen kamen», sagt der Psychologe. Denn ihre Arbeit, meist sieben Tage die Woche, sei extrem hart. Nicht zu vergessen, unter welchen Bedingungen sie dies in der aus Zelten provisorisch aufgebauten Behandlungsstation tun mussten. Meist in einem Vollschutzanzug, bei mehr als 40 Grad Celsius. Eine zermürbende Arbeit, die man sich kaum vorstellen könne.
Das erste Erfolgserlebnis
Ein Ende des Leids in dieser Krisenregion sei nicht absehbar. Doch er habe in seiner Zeit in Guéckédou auch wunderbare Momente erlebt. Zum Beispiel als Rose, eine 12-Jährige, als Erste das Spital verlassen durfte. Sie ist nun für immer immun gegen diesen tückischen Virusstamm. Nach einem wohlvorbereiteten Besuch beim Dorfchef hat Salamin das Mädchen gemeinsam mit dem Übersetzer zurück ins Dorf begleitet. Denn es sei notwendig, der Bevölkerung nun klarzu- machen, dass das Kind tatsächlich geheilt sei und auch wieder umarmt werden könne. Und keiner dürfe es aus Unwissenheit ausstossen.
Eine besondere Beziehung, erzählt der Psychologe, habe er etwa auch zu einem 11-Jährigen gehabt, dessen vier Geschwister und Mutter gestorben seien. Der Junge hiess Alphonse wie er, sodass er ihm immer wieder mit einem Schmunzeln gesagt habe, dass ein Alphonse überleben müsse. Und tatsächlich habe er es wie auch sein Vater geschafft.
Neben diesen positiven Augenblicken hat Salamin viele tragische Konflikte mitbekommen. Etwa wenn Einheimische sich gegen jegliche Hilfe von aus- sen wehrten, sodass sie in Macenta MSF-Mitarbeiter mit Steinen attackierten, die Windschutzscheiben der Autos zerschmetterten und andere Dörfer in der Umgebung gegen die Helfer aufhetzten. Voller Panik flohen diese und waren danach so traumatisiert, dass sie nicht weiter in dem Land arbeiten konnten.
Zurückzuführen seien diese Aggressionen, erklärt der Psychologe, wohl auf ehemalige Kindersoldaten aus Sierra Leone. Sie seien damals nach dem Bürgerkrieg geflüchtet, hätten jetzt aber immer noch eine Kalaschnikow im Schrank und wollten ihre Macht nun vor allem den lokalen Behörden gegenüber demonstrieren. Doch wenn sie wirklich etwas anrichten wollten, hätten sie noch ganz andere Möglichkeiten gehabt.
Der 77-jährige Schweizer, der für MSF unter anderem 2004 nach dem Tsunami in Indonesien und 2010 nach dem Erdbeben in Haiti im Einsatz war, meint, dass die derzeitige Ebola-Epidemie besonders schwierig für die Bevölkerung zu verstehen sei. Denn sie rufe gewaltige Ängste hervor, da oft Unwissen und Aberglaube herrschten.
Auch Salamin selbst kam in eine brenzlige Situation, zum Beispiel bei einer Beerdigung im Wald unweit der Stadt. Dort stritten die Trauernden in seinem Beisein mehr als eine Stunde, ob die Leichentasche geöffnet werden sollte oder nicht. Derweil hatten Einheimische die Strasse mit Baumstämmen und Autoreifen abgeriegelt. Er habe sich in einer Falle gefühlt, erklärt Salamin. Doch glücklicherweise sei es friedlich ausgegangen, und man habe später auch eine praktikable Lösung gefunden, den Leichnam aus sicherer Distanz zu zeigen, wenn der dringende Wunsch danach bestanden habe.
«Meine Nachfolgerin, eine Kanadierin, konnte unseren Respekt vor den Verstorbenen noch deutlicher signalisieren», sagt er. Sie habe beispielsweise ein verstorbenes Kind würdevoll mit einem roten Tuch geschmückt, eine Puppe neben seinen Kopf gelegt und den Sarg mit Blumen verschönert. Dies sei eine wunderbare Idee gewesen, die bei der Trauer und der Abschiednahme helfe.
(Tages-Anzeiger)
Erstellt: 29.08.2014, 07:02 Uhr
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