"Wenn du einmal die Erfahrung gemacht hast, verlierst du die Realität", sagt der 18-jährige Yuto Onishi dem australischen Sender ABC News. "Ich wusste, dass das unnormal ist, aber ich wollte es nicht ändern. Ich fühle mich sicher hier."
Onishi ist einer von tausenden japanischen Jugendlichen, die sich über Jahre in ihrem Zimmer verstecken und den Kontakt zur Außenwelt abbrechen. Drei Jahre waren es bei dem jungen Mann, der sich nur nachts rausschlich, um etwas zu essen. Am Tag schlief er, nachts surfte er im Internet oder las Mangas. Begonnen hatte alles, als er in der Schule durchgefallen war und damit zurechtkommen musste, dass andere entsprechend über ihn urteilten. Da zog er sich zurück.
Japanese men suffering from #hikikomori lock themselves away for years http://t.co/xXdVHYgBht pic.twitter.com/kXB00BUy50
— ABC News (@abcnews)
7. Juli 2015
Es ist ein in Japan seit vielen Jahren bekanntes Problem, dass auch einen Namen hat: Hikikomori, was so viel heißt wie "sich wegschließen". Meist sind davon junge Männer betroffen, oft vor dem Start ins Berufsleben. Und häufig ist es die Angst zu versagen, die sie zu diesem Schritt treibt.
Einer, der das Phänomen erforscht, ist Dr. Takahiro Kato von der Kyushu Universität. Er und sein Team wollen herausfinden, welche Ursachen diese jungen Menschen dazu treiben, sich über Jahre einzuschließen und jegliche soziale Kontakte zu meiden.
Niemand sagt, dass sie rausgehen sollen
"Wenn in westlichen Gesellschaften jemand in seinem Zimmer bleibt, wird ihnen gesagt, dass sie rausgehen sollen", sagte Kato ABC News. "In Japan machen sie das nicht." Sicherlich auch ein Grund, warum das Phänomen in dem Land so weit verbreitet ist.
So berichtete auch der Berliner "Tagesspiegel" im Januar, dass es überall im Land Therapiezentren oder Wohnzentren gibt, in denen sich die Hikikomori langsam wieder an den Alltag gewöhnen sollen. Stiftungen oder auch die Regierung bezuschussen demnach solche Projekte.
Wissenschaftler Kato will sich nicht nur auf die psychologischen Aspekte des Phänomens konzentrieren, die bislang im Mittelpunkt der Forschung standen, wie er ABC News sagte. "Hikikomori ist nicht nur eine seelische Krankheit." Daher betrachte sein Team auch die soziologischen und biologischen Aspekte des Phänomens. "Wir wollen die ersten sein, die eine multi-dimensionale Diagnose erstellen", nennt er seine Motivation.
Doch bis dahin geht es vor allem darum, die Patienten wieder in den Alltag zu integrieren, denn je länger sie in ihrem Zimmer bleiben, umso schwerer fällt es ihnen, wieder herauszukommen. Dr. Kato jedenfalls weiß, dass dies nur gelingen kann, wenn die ganze Familie einbezogen wird und ihre Verhaltensweisen ändert.
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