Was wollten Sie früher mal werden?
HANS-ULI MAYER: Verschiedenes. Journalist war immer schon dabei, aber Kunstgeschichte und Psychologie fand ich auch interessant. 1988 habe ich dann als Volontär angefangen, das ist der Lehrling bei der Zeitung. Seit 1990 bin ich Redakteur.
Was war Ihr interessantester Text?
MAYER: Über Terrorismus und Islamismus. 2007 wurden im Sauerland mehrere junge Männer festgenommen, die Bomben gebaut haben und damit Anschläge verüben wollten. Zwei von ihnen kamen aus Ulm. Sie haben mitten unter uns gelebt. Sie wollten einfach möglichst viele Menschen töten. Dieser Fall zog sich über vier Jahre hin, ich habe ihn die ganze Zeit begleitet und war auch bei den Gerichtsverhandlungen. Dabei habe ich viele Einblicke bekommen, wie scheinbar normale junge Männer zu einem solchen Hass kommen.
Haben Sie schon mal einen Mörder gesehen?
MAYER: Ja, sehr viele sogar, weil ich in Gerichtsverhandlungen gehe und darüber schreibe.
Wie läuft so eine Verhandlung ab?
MAYER: Es gibt verschiedene Gerichte. Je schlimmer ein Verbrechen, desto mehr Richter. Bei Mord oder Terrorismus können bis zu fünf Richter anwesend sein. Zuerst liest der Staatsanwalt die Anklage vor, dann darf der Angeklagte mit seinem Verteidiger beweisen, dass er unschuldig ist. Oft müssen Zeugen, Polizisten oder Experten aussagen. Zum Schluss fordert der Staatsanwalt die Strafe. Der Angeklagte darf noch ein letztes Mal sprechen. Dann zieht sich das Gericht zurück und nachher verliest der Richter das Urteil.
Wie lange dauert eine Verhandlung?
MAYER: Das kommt immer darauf an, um was es geht. Manche Verhandlungen können schon nach einer halben Stunde vorbei sein, manche dauern Tage, Wochen oder sogar Monate und Jahre.
Läuft das dann so ähnlich ab wie im Fernsehen?
MAYER: Nein. Die Wirklichkeit hat wenig damit zu tun, höchstens der äußere Rahmen ist ähnlich. Oft ist es im echten Gericht sehr viel langweiliger, im Fernsehen wird nur das Spannendste gezeigt. Die ganze juristische Feinarbeit zeigt man da nicht, aber die ist sehr wichtig.
Muss man sich bei Gericht besonders anziehen?
MAYER: Richter, Staatsanwälte und Verteidiger müssen eine schwarze Robe tragen, die Richter auch noch eine weiße Krawatte. Das ist Vorschrift. Der Angeklagte versucht natürlich, einen guten Eindruck abzugeben und kommt nicht gerade im letzten T-Shirt. Das gilt auch für uns Journalisten.
Gibt es sonst noch bestimmte Verhaltensregeln?
MAYER: Natürlich muss man sich angemessen und höflich verhalten. Wenn man Kaugummi kaut oder seine Mütze auflässt, dann schreitet der Richter ein. Damit sich der Richter und die anderen Beteiligten konzentrieren können, um ein gerechtes Urteil zu finden, ist es zum Beispiel auch nicht erlaubt, im Gericht zu applaudieren.
Wie viele Straftaten werden denn aufgeklärt?
MAYER: Bei schweren Verbrechen wie Mord, Entführung oder Bankraub werden fast alle Täter gefasst. Bei professionellen Wohnungseinbrüchen tut sich die Polizei schon schwerer.
Gibt es auch Fluchtversuche?
MAYER: Das ist sehr selten. So dumm, wie die Polizei oft in Kriminalfilmen dargestellt wird, ist sie nämlich nicht. Die Beamten bereiten sich auf eine Festnahme sehr gut vor und überlassen nichts dem Zufall.