Mehrere Menschen wurden durch den Versuch mit einem neuen Schmerzmittel schwer verletzt. Laut dem französischen Gesundheitsministerium haben 90 Personen das Medikament eingenommen, sechs Personen wurden ins Spital eingeliefert.
Eine Person sei hirntot, fünf weitere würden behandelt, teilte Gesundheitsministerin Marisol Touraine an einer Pressekonferenz im Universitätsspital von Rennes mit. Den Angaben zufolge handelt es sich um neurologische Verletzungen. Die Opfer seien sechs gesunde Männer im Alter von 28 bis 49 Jahren. Sie hätten die gleiche Dosis des Medikaments eingenommen, sagte Touraine vor den Medien. Neben dem Patienten, der hirntot ist, könnten drei weitere Personen bleibende Hirnschäden erleiden.
Nach drei Tagen erste Symptome
Entgegen ersten Meldungen enthält das Medikament kein Cannabis, sondern eine Substanz, die im Körper eine ähnliche Wirkung entfaltet. 128 Freiwillige im Alter zwischen 18 und 55 Jahren hätten am Test teilnehmen sollen, so Touraine weiter. Bisher hatten 90 Personen verschieden hohe Dosen des Mittels erhalten.
«Diejenigen Tester, die das Medikament wiederholt genommen haben, leiden unter schweren Symptomen», sagte die Gesundheitsministerin. Am 7. Januar hätten sie mit der Einnahme begonnen, drei Tage später seien die ersten Symptome aufgetreten. Der Versuch wurde am 11. Januar abgebrochen. Der nun als hirntot eingestufte Patient sei am Sonntag ins Krankenhaus gekommen.
Kein Gegenmittel
Für das bei einer fehlgeschlagenen klinischen Studie in Frankreich verwendete Medikament gibt es kein Gegenmittel. Das sagte der Chefneurologe des Krankenhauses.
Die freiwilligen Testpersonen haben das Produkt bei sich zu Hause oral eingenommen. Die ersten Hospitalisierungen seien bereits zu Beginn dieser Woche erfolgt, heisst es weiter. Danach habe man sämtliche Teilnehmer an dem Test informiert, der für ein europäisches Labor durchgeführt wurde.
Das Institut, das den Versuch durchführte, verfügt laut dem Gesundheitsministerium über eine entsprechende Genehmigung. Die Leitung der Studie hat das medizinische Labor Biotrial mit Sitz in Rennes. Touraine ordnete eine Überprüfung des Unternehmens an. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf.
Biotrial zahlt Probanden zwischen 100 und 4500 Euro für die Teilnahme an klinischen Studien, je nachdem, wie aufwendig diese sind. Nach Angaben auf seiner Webseite hat das Labor, das auch Büros in London und New Jersey betreibt, 25 Jahre Erfahrung mit klinischen Studien.
Phase 1 eines Medikamententests
Bei der Studie handelte es sich um die sogenannte Phase 1 eines Medikamententests. Dabei wird das Präparat einer kleinen Gruppe von freiwilligen gesunden Probanden verabreicht, die vor allem die Sicherheit der Anwendung und die Verträglichkeit des Mittels testen. In späteren und deutlich umfassenderen Phasen wird die Wirkung des Präparats getestet.
Dass Probanden bei klinischen Studien schwer krank werden, ist äusserst selten. Denn die Forscher testen die neuen Medikamente erst ausführlich an Tieren und geben bei den ersten Versuchen an Menschen üblicherweise nur die kleinstmögliche Dosis. Das Medikament, das die betroffenen Probanden geschluckt hatten, war in dieser ersten Testphase, wie das Gesundheitsministerium mitteilte.
Die französische Regierung hat den Zwischenfall als schlimmsten Unfall dieser Art in Frankreich bezeichnet. 2006 hatte es in Grossbritannien einen ähnlichen Fall gegeben. Damals war sechs bis dahin gesunden Männern ein experimentelles Medikament verabreicht worden, das Einfluss auf das Immunsystem nehmen sollte. Nur Stunden später erlitten die Männer Organversagen. Sie überlebten, haben aber nun Untersuchungen zufolge ein höheres Risiko an Autoimmunerkrankungen oder Krebs zu erkranken. (rub)
(Erstellt: 15.01.2016, 18:33 Uhr)
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