»Vieles hängt damit zusammen, dass das Mitgefühl für den Säugling nicht existiert und er für die Mütter nicht etwas Beschützenswertes ist, sondern Quell des Ärgers und die Ursache dafür, dass es ihnen schlecht geht«, sagte der Experte. Eine 33-jährige Frau aus Villmar, die sich seit Mittwoch wegen dreifachen Mordes vor dem Landgericht Limburg verantworten muss, hat ihre Kinder offensichtlich ähnlich wahrgenommen. Bei ihrer Vernehmung hatte die Frau angegeben, dass ihr die Säuglinge »zur Last gefallen seien«.
Anders als im Fall der 33-Jährigen, die ihre Kinder erst Wochen nach der Geburt mit einem Spucktuch erstickt haben soll, verdrängten viele der meist jungen Mütter Essers Angaben zufolge die Schwangerschaft. »Ich kenne eine Reihe von Fällen, für die kam die Geburt deshalb völlig überraschend. Die haben das so lange verdrängt, bis sie das Kind beispielsweise alleine auf der Toilette entbunden haben«, sagte der Leiter des Lehrstuhls Klinische Psychologie/Psychotherapie an der Universität Potsdam.
Bei den bekannten Fällen hätten die Frauen auch kaum Rückhalt von der Familie oder ihrem Ehemann erhalten. »Die Frauen haben selber Probleme mit Bindungen und häufig auch mit ihrem Partner. Da ist keine Gemeinsamkeit und keine Unterstützung da.«
Katia Rathsfeld, dpa