16-facher Betrug, Urkundenfälschung, Missbrauch von Titeln, Diebstahl... die Liste der Vergehen, derer sich ein 48 Jahre alter Bamberger schuldig gemacht hat, ist lang. Den Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" konnte Richter Wolfram Bauer daher bei der Verhandlung am Donnerstag vor dem Coburger Amtsgericht nicht mehr gelten lassen.
Der 48-Jährige, der eigentlich Sonderpädagogik studiert hat, hatte sich im Jahr 2009 für eine Stelle als Diplom-Psychologe beim Diakonischen Werk Coburg beworben. Mit einer gefälschten Urkunde, die ihm einen sehr guten Abschluss der Diplom-Prüfung im Fach Psychologie bestätigte, belegte er seine Qualifikation und wurde eingestellt. Fortan arbeitet er als Therapeut, führte diagnostische Verfahren und deren Auswertung durch.
"In fachlicher Hinsicht sind mir keine Fehler aufgefallen", erklärte eine Zeugin, die als Diplom-Sozialpädagogin mit dem Angeklagten zusammenarbeitete.
Doch so einiges im Verhalten des Mannes kam ihr seltsam vor.
Zwei Jahre lang alle getäuscht
Dem falschen Psychologen gelang es über zwei Jahre lang, sein Täuschungsmanöver aufrechtzuerhalten. Erst eine Mutter, deren Kind bei ihm in Behandlung war, äußerte gegenüber dem Psychologen einer anderen Einrichtung Bedenken hinsichtlich der fachlichen Kompetenz des Angeklagten und brachte den Stein ins Rollen. Der ins Vertrauen gezogene Psychologe hielt Rücksprache mit dem Diakonischen Werk. Die Verdachtsmomente gegen seinen vermeintlichen Kollegen verdichteten sich, der Schwindel flog auf.
Der Schein-Psychologe wurde entlassen. Er musste seine Sachen aus den Büroräumen abtransportieren, die Türschlösser wurden ausgetauscht.
Beim Ausräumen, das eine Firma für den Angeklagten übernommen hatte, kamen verschiedene Dinge abhanden, die nicht Eigentum das 48-Jährigen waren, darunter ein Telefon, ein Laptop, Spiele und Therapiematerial für einen Kindergarten. Dies Gegenstände befinden sich, trotz mehrmaliger Anmahnung, wohl immer noch im Besitz des Mannes. Zudem hatte er rund 25 000 Euro zu viel an Gehalt vom Diakonischen Werk erhalten, da ja seine Qualifikation nicht der Vergütungsgruppe eines Psychologen entsprach.
In der Anklageschrift werden dem 48-Jährigen 15 weitere Betrugsdelikte vorgeworfen, darunter sind etliche nicht bezahlte Handwerkerrechnungen, erhebliche offene Summen für bestellte Ware oder offene Rechnungen für "Fachliteratur". Gegenüber dem Gerichtsvollzieher, dem er eine eidesstattliche Versicherung über sein Vermögen abgeben musste, hatte er zudem falsche Angaben gemacht.
Der Angeklagte war bereits im Juli 2010 vom Amtsgericht Forchheim zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Damals war er als Feng- Shui-Berater tätig gewesen. Es war ihm gelungen, einem Klienten zwei Skulpturen als zertifizierte Kunstwerke von Joseph Beuys für immerhin fast 20 000 Euro zu verkaufen - tatsächlich entstanden waren sie in der Werkstatt eines Berufsbildungszentrums. Zudem hatte er sich schon damals unberechtigterweise als Kinderpsychologe ausgegeben und Kinder therapiert. Weil er eine Bewährungsauflage nicht erfüllt hatte, wurde die Bewährung im August 2012 widerrufen. Seither sitzt der Bamberger in Haft.
Komplizierte Strafzumessung
Staatsanwalt Johannes Berg sah die Anklage in allen Punkten bestätigt. Da der Angeklagte manche Straftaten schon vor dem Forchheimer Urteil begangen hatte, ergab sich nun eine etwas komplizierte Strafzumessung.
Für die Taten, die vor Juli 2010 lagen, beantragte Berg ein Jahr und acht Monate Haft - das Urteil aus Forchheim eingerechnet. Für die Taten, die in der Bewährung verübt wurden, beantragte er zwei Jahre und acht Monate. Eine erneute Bewährung hielt Berg für nicht gerechtfertigt.
Verteidiger Ralf Schütte hielt die Anträge des Staatsanwaltes für deutlich überzogen. "Es gab psychologische Defizite, die die Taten begünstigt haben", erklärte er. Sein Mandant habe im Tatzeitraum unter starken Depressionen gelitten. Psychologische und neurologische Gutachten hätten allerdings keinerlei Hinweise geliefert, dass der Angeklagte vielleicht nicht schuldfähig gewesen sei, wie der Sachverständige Martin Nöll vom Obermainklinikum erklärte.
Das Leben seines Mandanten sei völlig aus dem Ruder gelaufen, sagte Schütte. Die bisherige Haft habe ihn empfindlich gemacht.
Er wolle sein Leben neu organisieren. Schütte beantragte Geldbußen und Bewährungsstrafen sowie für zwei der Vergehen Freispruch, da sie nicht zweifelsfrei seinem Mandanten nachgewiesen werden könnten.
Doch hier sah Richter Bauer keinen Raum für Zweifel. Wegen der vielen Taten und der hohe kriminellen Energie folgte er weitgehend den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Bauer verurteilte den Angeklagten zu insgesamt vier Jahren und vier Monaten Haft.