Inhalt
Der Psychiater Carl Gustav Jung (Michael Fassbender) bekommt es beruflich mit der dem Wahnsinn verfallenden Russin Sabina Spielrein (Keira Knightley) zu tun. An ihr will Jung die neue Therapieform der Psychoanalyse ausprobieren, die der Wiener Arzt Sigmund Freud (Viggo Mortensen) entwickelt hat. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, zu der komplexen Persönlichkeit der Sabina Spielrein vorzudringen, stellen sich bald erste Fortschritte ein und die Psychoanalyse zeigt Wirkung. Der mentale Zustand Spielreins verbessert sich und sie kann schon bald wieder ihr Studium der Medizin aufnehmen. Doch auch nach der erfolgreichen Therapie bleiben Jung und Spielrein in Kontakt, es entwickelt sich eine Freundschaft, die in einer leidenschaftlichen Affäre mündet, welche auch Jungs Mentor Freud nicht verborgen bleibt.
Kritik
Sie sind wohl die bekanntesten Persönlichkeiten der wissenschaftlichen Disziplin der Psychologie: Carl Gustav Jung und Sigmund Freud. Freud, der als Begründer der Therapieform der Psychoanalyse gilt und sein Schüler Jung, der einst ein begeisterter Verfechter dieser bis heute umstrittenen therapeutischen Methode war, bis es zum endgültigen Bruch mit seinem einstigen Mentor kam. Ein Grund für das Zerwürfnis dieser Titanen der Psychoanalyse war Jungs Affäre mit seiner Patientin Sabina Spielrein. Ausnahmeregisseur David Cronenberg nimmt die für die psychologische Wissenschaft ungeheuer produktive Freundschaft zwischen Jung und Freud als Rahmenhandlung, um den Beginn der Psychoanalyse nachzuzeichnen.
Bei der Ankündigung eines Films über die Anfänge der Psychoanalyse war zunächst davon auszugehen, dass sich Regisseur Cronenberg auf die ambivalente Person des Sigmund Freud konzentrieren würde, der als Begründer dieser Therapieform gilt. Cronenberg nutzt aber einen anderen Ansatz und degradiert Freud zur Nebenfigur. Ihm geht es vielmehr um Carl Gustav Jung, welcher ein Schüler Freuds und Verfechter der Psychoanalyse war, und dessen Beziehung zu seiner Patientin Sabina Spielrein. Dieses dyadische Beziehungsgeflecht bildet den Kern des Films. Freud selbst bekommt wenig Raum und agiert durchgängig als bloßer Dialogpartner Jungs.
Gegen diese Herangehensweise ist zunächst nichts einzuwenden. Aber leider geht dieses Konzept nicht gänzlich auf, denn für ein filmisches Werk, in dessen Kern es um Begierden, Leidenschaften und die Macht der inneren Triebe geht, ist dieser Psychothriller seltsam emotionslos, kühl und nüchtern geraten.
Die leidenschaftliche Beziehung zwischen Jung und Spielrein bleibt bloße Behauptung. Auch die Besonderheit der Freundschaft von Jung und Freud wird nicht wirklich glaubhaft herausgearbeitet. Cronenberg verliert sich viel zu oft in langen Dialogpassagen, in denen psychologische Theorie diskutiert wird, statt sich auf die innere Psyche seiner Hauptfiguren und deren Verhältnis zueinander zu konzentrieren. Die zahlreichen Dialogpassagen sind dann aber auch nicht wirklich tiefschürfend, sondern eher bruchstückhaft und oberflächlich. Stellenweise wirkt der ganze Film wie eine einführende Vorlesung in die Methodik der Psychologie: Dies ist zwar stellenweise durchaus interessant, wird bedauerlicherweise aber so trocken vorgetragen, dass man schnell das Interesse an den behandelten Themen verliert.
Aufgewertet wird der Film dann schließlich durch die wirklich herausragend agierenden Schauspieler, die besser nicht hätten besetzt werden können. Sei es der Cronenberg erfahrene Charaktermime Viggo Mortensen, der die Überheblichkeit, Engstirnigkeit und Arroganz Freuds wunderbar herausarbeitet, Michael Fassbender, der gänzlich hinter seiner Rolle zu verschwinden scheint und äußerst differenziert, ruhig und überlegt die Rolle des Carl Jung spielt und die im Grunde immer wundervolle Keira Knightley, die zwar ein sehr extrovertiertes Spiel an den Tag legt, dieses aber nie übertreibt und in ihrem stetigen Wechsel zwischen Ausbrüchen des Wahnsinns und ruhigen Momenten absolut überzeugt. Auch die Ausstattung und die Bildsprache des Films sind sehr authentisch und liebevoll in Szene gesetzt, sodass dieses Werk visuell einen authentischen Einblick in die damalige Zeit gewährt.
Fazit
Insgesamt toll gespielter und inszenierter Film über die Anfänge der Psychoanalyse, der durch seine ausschweifenden Dialogszenen und mangelnde Charakterarbeit einen schließlich aber ziemlich kalt lässt.
Moritz Stock - myFanbase
16.11.2011