Alpträume, Flashbacks, Bedrohungsgefühl
Wenn Menschen einer schrecklichen Situation ausgeliefert sind, reagieren sie bereits vor Ort sehr unterschiedlich. Manche erstarren, geben keinen Laut von sich. Andere schreien oder lachen, zeigen sich aggressiv – oder funktionieren ganz normal weiter, als ob nichts geschehen wäre.
Auch nach dem Ereignis kommen verschiedene Verhaltensmuster vor. Manche wollen das Erlebte wieder und wieder erzählen, andere kein Wort darüber verlieren. Das Gefühl, den Vorfall nicht wirklich erlebt zu haben, neben sich zu stehen, nichts mehr fühlen zu können, sind bekannte Reaktionen. Auch Schlafstörungen, Alpträume, sogenannte Flashbacks und andauernde Bedrohungsgefühle gehören zum normalen Verarbeitungsprozess. Erst wenn sich diese Beschwerden nach vier bis sechs Wochen nicht legen und es keinen Weg zurück ins bisherige Leben zu geben scheint, sprechen Fachleute von einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Ob und wie schnell es gelingt, ans frühere Leben anzuknüpfen, hängt von vielen Faktoren ab. Einer davon ist die Betreuung unmittelbar nach dem Ereignis. «Es deutet vieles darauf hin, dass Menschen, die psychologisch begleitet wurden, ein Trauma besser verarbeiten und seltener unter einer posttraumatischen Störung leiden», sagt Notfallspsychologe Raphael Romano. Deshalb rückt heute bei jedem grösseren Unfall ein psychologisches Care-Team aus.
Ihren Ursprung haben solche Einsätze in Ereignissen wie dem Amoklauf in Zug. Zuletzt standen Care-Teams etwa beim Car-Unglück im Wallis im Einsatz, wo sie sich um Retter und Angehörige kümmerten.
Doch nicht nur bei solch schlagzeilenträchtigen Katastrophen wird Soforthilfe für die Seele geleistet. Inzwischen gibt es in allen Kantonen Notfallpsychologen, die aufgeboten werden, wenn Polizei oder Sanität dies für notwendig halten. Sie überbringen gemeinsam mit der Polizei Todesnachrichten, betreuen leichter Verletzte und Zeugen eines Autounfalls oder Opfer eines Banküberfalls. Auch die Armee, die SBB und grosse Firmen arbeiten heute mit psychologischen Care-Teams zusammen.