Wenn in den kommenden Tagen erstmals Ebola-Impfstoffe an Menschen getestet werden, steht die Schweiz gleich mehrfach im Fokus. 100 von weltweit 250 Versuchspersonen werden in den Universitätsspitälern Genf und Lausanne betreut, koordiniert werden die Versuche von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf. Und: Einer der Impfstoffe – er trägt den kryptischen Namen «cAd3-EBO Z» – wurde vom Schweizer Unternehmen namens Okairos entwickelt.
Okairos ist eine Biotech-Firma, die im Jahr 2007 als Abspaltung der US-Firma Merck gegründet wurde und ihren Hauptsitz in Basel hat. Sie unterhält Labors in Rom und Neapel. Einer der Gründer ist der italienische Forscher Riccardo Cortese. Er hat sich mit Okairos auf die Entwicklung von Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten spezialisiert, wie beispielsweise Hepatitis C, Malaria oder HIV – letztere stehen auf der WHO-Liste der Infektionskrankheiten, deren Bekämpfung am stärksten vernachlässigt wird.
Ebola stand nicht im Zentrum der Forschung
Auf Ebola habe die Firma ihren Fokus eigentlich gar nicht legen wollen, verriet Cortese der «NZZ am Sonntag» kürzlich: «Wir haben das Ebola-Virus nur als Beleg für die Funktionsweise unseres Ansatzes genommen. Wir wussten: Wenn unser Impfstoff dagegen funktioniert, kann die Methode auch bei anderen schwierigen Krankheiten wie Malaria erfolgreich sein.»
Die Methode von Okairos tönt simpel, ist aber effektiv: Für die Entwicklung eines Impfstoffes, zum Beispiel gegen die Ebola-Infektion, wird ein ungefährliches Virus von Affen so verändert, dass es fähig ist, ein bestimmtes Protein des gefährlichen Virus zu produzieren. So bildet der Organismus Antikörper gegen dieses Protein – eine Infektion lässt sich verhindern. Im Fall von Ebola wurde die Methode bereits erfolgreich an Affen getestet: Alle der mit dem Ebola-Virus infizierten Versuchstiere haben überlebt. Resultate der Versuche mit Menschen werden bis Ende Jahr erwartet.
Finanzieller Ertrag ungewiss
Sollten die positiven Ergebnisse aus den Affenversuchen bestätigt werden, wäre das ein grosser Schritt im Kampf gegen Ebola, den Okairos mit relativ geringem finanziellen Aufwand bewerkstelligte: Die Firma hat für ihre Forschung rund 23 Millionen Euro gesammelt. Zu den Geldgebern gehören unter anderem Boehringer Ingelheim, Novartis oder die Stiftung von Bill und Melinda Gates. Bloss 500‘000 Euro davon investierte Okairos zwischen 2008 und 2013 in die Ebola-Forschung.
Ob sich allfällige Erfolgserlebnisse finanziell auszahlen, ist unklar. Experten betonten immer wieder, dass der Markt für einen Impfstoff gegen das Ebola-Virus zu klein sei. Mitgründer Cortese ist das offenbar egal. Er sagte der «Handelszeitung», es sei immer mehr um die wissenschaftliche Herausforderung gegangen, als ums Geld. Einen kommerziellen Erfolg hätte die Firma nicht erwartet. Einen solchen erhofft sich aber wohl der britische Pharmariese Glaxo Smith Kline, der Okairos im Jahr 2013 für 250 Millionen Euro gekauft hat – ein hoher Preis für eine europäische Biotech-Firma.
Neben Okairos betreiben auch andere Schweizer Firmen Ebola-Forschung. So etwa der Pharmakonzern Roche. Er entwickelt einen Schnelltest für Ebola. Die Forschung sei fortgeschritten, nun wolle die Firma den Test für den klinischen Alltag registrieren, sagte Konzernchef Severin Schwan in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Roche gehe jedoch davon aus, dass es in der westlichen Welt nur zu vereinzelten Ebola-Fällen kommen werde. (rar)
(Erstellt: 26.10.2014, 16:23 Uhr)