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Das Rennen gegen das Vergessen

Ein Videospiel verjüngt das Gehirn: Senioren, die «Neuro Racer» spielen, können sich besser konzentrieren und sind weniger vergesslich.

Simple Grafik mit grosser Wirkung: Ein Versuchsteilnehmer spielt «Neuro Racer».

Simple Grafik mit grosser Wirkung: Ein Versuchsteilnehmer spielt «Neuro Racer».
Bild: Nature Journal

So funktioniert das Spiel.

Video

Die «Neuro Racer»-Studie.

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Ältere Menschen vergessen vieles. Selten aber vergessen sie, sich über ihre Vergesslichkeit zu beklagen. Dabei könnten sie proaktiv dagegen vorgehen, indem sie sich ein neues Hobby zulegen: Videospiele. Allerdings nicht irgendwelche, sondern ein von Forschern entwickeltes Autorennspiel. «Neuro Racer» kommt visuell bescheiden daher: Der Spieler steuert ein Auto über eine kurvige Landstrasse. Parallel dazu muss er auf Signale reagieren – sie je nach Farbe entweder ignorieren oder eine Taste drücken. Für geübte Gamer klingt das unspektakulär. Umso spektakulärer sind die Veränderungen, die sich bei den spielenden Senioren zeigten. Sie konnten ihr Kurzzeitgedächtnis, ihre Aufmerksamkeit und ihre Multitaskingfähigkeit stark verbessern.

Es ist nicht das erste Mal, dass Forscher versuchen, mit Videospielen die Hirnleistung zu verbessern. Doch frühere Projekte waren nicht sehr erfolgreich: Die Studienteilnehmer wurden zwar jeweils besser in dem betreffenden Spiel – der Effekt schlug sich aber nicht in ihrem Alltag nieder. Der Neurologe Adam Gazzaley, der das «Neuro Racer»-Projekt leitete, rät deshalb von herkömmlichen Videospielen ab. Auch Spiele, die explizit damit werben, das Gedächtnis zu verbessern, sind in der Forschung umstritten; ihre Wirksamkeit konnte nicht nachgewiesen werden.

Individuelle Niveaus

Ganz anders bei «Neuro Racer», das die Forscher der kalifornischen Universität San Francisco speziell für Senioren entwickelten. Damit diesen das Spiel mit zunehmender Übung nicht zu einfach wurde, bauten die Wissenschaftler einen Treppen-Algorithmus ein. Nach jedem dreiminütigen Durchgang passt dieser die Spielschwierigkeit individuell dem jeweiligen Spieler an. Durch diese Herausforderungen werde die menschliche Tendenz untergraben, in einen Autopilotmodus zu schalten, sagte Gazzaley. Dieser Modus stelle sich nämlich immer dann ein, wenn man ein Spiel gut beherrsche. Entscheidend sei die Balance zwischen Forderung und Belohnung, damit es weder zu Frust noch zu Langeweile kommt.

Zudem habe die 3-D-Grafik die Teilnehmer stärker in den Bann gezogen als frühere Spiele. Für die Studie spielten 46 Personen zwischen 60 und 85 «Neuro Racer». Parallel dazu auch eine Gruppe Vergleichspersonen jeden Alters. Die Teilnehmer waren allesamt unerfahren und kamen zum ersten Mal mit «Neuro Racer» in Kontakt.

Der Effekt bleibt bestehen

Nach drei Wochen und 12 Stunden Spielzeit zeigte sich erwartungsgemäss, dass die Senioren ihre Multitaskingfährigkeit im Spiel steigern konnten. Praktisch, um an der nächsten Familienfeier den Enkel abzuhängen und die Verwandtschaft zu beeindrucken. Aber dabei blieb es nicht: Bei neurologischen Tests zeigte sich, dass die Senioren auch ausserhalb des Spiels – das heisst in ihrem Alltag – zu besseren Multitaskern geworden sind, die zudem aufmerksamer und weniger vergesslich sind.

Diese Veränderung zeigte sich auch im Gehirn der Versuchspersonen: Spezielle Gehirnströme im Vorderhirn, sogenannte Theta-Wellen, hatten sich bei den Senioren intensiviert und waren denen von 20-Jährigen ohne «Neuro Racer»-Erfahrung vergleichbar. Und die beste Nachricht: Selbst sechs Monate nach Ende der Spielzeit waren die kognitiven Leistungen der Senioren noch gleich gut. Ganz ohne Auffrischtrainings.

Laut Gazzaley sind die Ergebnisse «ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie flexibel und formbar das ältere Gehirn noch ist». Nun sollen nach dem «Neuro Racer»-Vorbild auch Spiele für Menschen mit Depressionen, Demenz oder ADHS entwickelt werden. Das Patent dafür haben die Forscher um Gazzaley schon angemeldet. (Tagesanzeiger.ch/Newsnet)

Erstellt: 11.09.2013, 18:25 Uhr


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