Christa Neuper über ihr erstes Semester als Rektorin

Zuletzt aktualisiert: 06.02.2012 um 13:59 UhrKommentare

Erste Evaluierung: Christa Neuper, Rektorin der Uni Graz, über Zugangsregelungen, Gebühren und ihr erstes Semester als Studentin.

Christa Neuper löste den vorigen Rektor Alfred Gutschelhofer ab

Foto © Sabine HoffmannChrista Neuper löste den vorigen Rektor Alfred Gutschelhofer ab

Sie haben nun Ihr erstes Semester als Rektorin hinter sich gebracht: Was war schwieriger - das erste Semester als Studentin oder diese neue Aufgabe?


CHRISTA NEUPER: Der Vergleich ist nicht ganz fair, da das erste Semester als Studentin schon sehr lange zurückliegt (lacht). Damals war das einfacher, die Verantwortung war nicht so groß wie die als Rektorin. Der Job ist eine tolle Herausforderung und auch eine Besonderheit: Ich habe hier als Studentin begonnen und nun die Chance, das Haus zu führen. Da kann man etwas zurückgeben.

Was unterscheidet Studieren heute von damals?

NEUPER: Das ist nicht vergleichbar. Damals war es wesentlich freier. Man konnte entscheiden, welche Lehrveranstaltungen man besucht und welche Fächer man absolviert. In meinem Fall waren das neben meinem Psychologie-Studium Philosophie und Pädagogik, ich habe aber auch in die Fächer Soziologie und Biologie hineingeschnuppert.

Was ist heute besser?

NEUPER: Das Angebot an Lehrveranstaltungen. Damals musste man nach interessanten Inhalten suchen. Heute haben wir eine Fülle an tollen Angeboten.

Sie haben die "Initiative Gehirnforschung Steiermark" mitbegründet und waren Professorin für Angewandte Psychologie und Mensch-Maschinen-Schnittstelle. Waren Sie schon immer an Science-Fiction interessiert?

NEUPER: Ja, ich wollte schon immer in die Hirnforschung gehen.

Wie darf man Sie sich als Studentin vorstellen?

NEUPER: Man sieht das Studium im Nachhinein immer verklärter, ich habe schnell studiert - jedenfalls in der Phase, wo man alle Prüfungen ablegt. Ich würde sagen, ich war eine interessierte Studentin.

Haben Sie das Studentenleben auch abseits der Uni genossen?

NEUPER: Natürlich. Wir waren in einer Studiengruppe, so etwa 30 Leute, und treffen uns heute noch alle regelmäßig. Wir haben miteinander gelernt - aber eben nicht nur gelernt. Ich habe mir mein Studium zum größten Teil selber finanziert, etwa auch durch Servieren in der Schweiz.

Zurück in die Gegenwart: Eine ihrer ersten Aussagen als Rektorin war, dass Sie Forschung stärker forcieren wollen. Wie?

NEUPER: Erste wichtige Aufgabe: einen Entwicklungsplan für die Jahre 2013 bis 2018 zu erarbeiten. Derzeit analysieren wir jeden Wissenschaftszweig: Wo haben wir in Zukunft Chancen? Wo wollen wir mehr Profil zeigen? Was brauchen wir dafür an Infrastruktur? Wie sieht das Betreuungsverhältnis aus? Die Forschungsleistungen sind evaluiert und von externen Begutachtern bewertet worden.

Gibt es schon Ergebnisse?

NEUPER: Insgesamt haben wir ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt bekommen. Wir haben unsere Ziele in einem Entwurf zusammengestellt und dem Senat schon vorgelegt.

In welchen Bereichen verkauft sich die Uni Graz zu schlecht?

NEUPER: Es gibt Bereiche, wo wir uns stärker involvieren wollen - in erster Linie in Kooperationen mit den anderen Universitäten. Da wollen wir noch mehr Kräfte im Sinne einer breiteren kritischen Masse am Forschungsstandort Graz bündeln, teurere Infrastruktur bekommen und diese auch gemeinsam nutzen. Weiters auf dem Sommersemesterplan steht die neue Kooperation BioTechMed mit den drei Universitäten TU, MedUni und Karl-Franzens-Uni. Das ist schon voll auf Schiene.

Am Institut für Psychologie, dem Sie zuletzt vorstanden, gibt es Zugangsregelungen. Ein Vorzeigemodell für andere Fächer?

NEUPER: Ich denke, dass es ohne eine gewisse Kapazitätenfestlegung nicht mehr gehen wird, wenn wir die Qualität einer Universität halten wollen. Es geht nicht um die Anzahl der Studierenden per se. Wir hätten genügend Studienplätze für alle, wenn es zu einer Umverteilung käme.

Wie wäre eine Zugangsregelung für Sie vorstellbar?
NEUPER: Wenn eine Lenkung, dann mittels Eignungs- und Leistungskennzeichnung. Die Art und Weise - darüber sollte man noch diskutieren. Im Moment lautet die Frage: Will die Politik sich dazu bekennen oder nicht.

Werden Sie zustimmen?

NEUPER: Man muss die Diskussion in diese Richtung führen. Umgesetzt werden kann es relativ schnell. Ich plädiere aber dafür, dass man sich das Prozedere gut überlegt und die Studenten mit einbezieht. Wir wollen für jedes Fach die geeignetsten Menschen.

Sind Zugangsregelungen für das Wintersemester realistisch?

NEUPER: Aus momentaner Sicht zeichnet es sich nicht ab.

Stichwort Studiengebühren: Könnte es die im nächsten Semester wieder geben?

NEUPER: Im Sommersemester entfallen unserer Universität 1,6 Millionen Euro an vorgesehenen Studiengebühren - das ist eine Summe, mit der wir gerechnet haben und die wir so nicht haben. Für den Herbst steht zur Diskussion, ob wir zumindest jene Gebühren, die wir bisher hatten, wieder einheben.

Also: Ja für Studiengebühren?

NEUPER: Momentan versuchen wir noch, im Ministerium Druck zu machen, dass uns die Gebühren refundiert werden. Als Teil einer Universitätenfinanzierung sind Studiengebühren für mich prinzipiell denkbar - mit entsprechender Abfederung durch ein Stipendiensystem. Man muss sich das natürlich genau überlegen, in welcher Höhe man das gestaltet, um junge Menschen nicht von der Uni auszuschließen.

Als Rektorin sind Sie Managerin. Vermissen Sie das Forschen schon?

NEUPER: Es ist mir nicht leicht gefallen, meine Forschungstätigkeit aufzugeben. Aber: Derzeit vermisse ich es nicht, da mich die neuen Herausforderungen sehr fordern. Ich lasse es mir aber nicht nehmen, weiterhin Doktoratsstudierende zu betreuen.

Nach 426 Jahren sind Sie die erste Frau an der Uni Graz. Wie oft wird das nun nach einem halben Jahr noch thematisiert?

NEUPER: Da ist jetzt schon ein gewisser Gewöhnungseffekt da. Ja, ich bin noch immer die erste und einzige Rektorin der Steiermark, aber in Österreich sind es ja schon vier.

Wie werden Sie Frauen verstärkt fördern?

NEUPER: Wir haben ja schon spezielle Förderungen für weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchs. Das wollen wir nun ausbauen - und zwar auf allen Karrierestufen. Wir haben rund 60 Prozent Studentinnen und mit 23 Prozent Frauenanteil bei Professorinnen liegen wir österreichweit im Spitzenfeld. Diesen Vorsprung gilt es auszubauen.

Wie viel wollen Sie erreichen?

NEUPER: Ich möchte den Wert verdoppeln, aber die Jahreszahl, bis wann ich das erreichen werde, möchte ich nicht nennen. Da braucht es Maßnahmen auf vielen Ebenen.



Leave a Reply