Blochins schwierige Mission

Mit Tricks und einem Lächeln

von Maik Rosner

Trainer Oleg Blochin von Gastgeber Ukraine hat die wohl schwierigste EM-Mission zu erfüllen. Denn die Mannschaft mit dem gealterten Ausnahmestürmer Andrej Schewtschenko gilt als kaum konkurrenzfähig. Blochin versucht seine Aufgabe zu lösen, wie er als Spieler war: unberechenbar und mit psychologischen Kniffen.

Kiew – Oleg Blochin hat die Hände gehoben, wie bei einem Kinderspiel mit Plastikpistolen. Ergeben wollte sich der Trainer des EM-Gastgebers Ukraine natürlich nicht, es sollte vielmehr eine Geste der Unschuld sein. „Ich war’s nicht“, das wollte er damit sagen, nachdem er ans Mikrofon gestoßen war und ein dumpfer Knall die Zuhörer im Raum zusammenzucken ließ. Blochin lächelte, und das Klackern der Serienbilder, die die Fotografen nun schossen, füllte den Raum.

Schwierige Mission

ZITAT

Ich bin bereit für die Schlacht.

Oleg Blochin

Heute Abend werden sie wieder ihre Objektive ausrichten, vor allem auf Blochin, Andrej Schewtschenko und Bayern Münchens Profi Anatoli Timoschtschuk, wenn der EM-Gastgeber Ukraine zu seinem Auftaktspiel in der Gruppe D in Kiew gegen Schweden antritt. Eine ganze Nation wird dann hoffen, dass sie nicht aussichtslos in die weiteren Gruppenspiele gegen Frankreich und England gehen müssen. Eine Niederlage gegen Schweden, und die hochfliegenden Träume der Ukrainer wären wohl schon jäh beendet.

Blochin hat die wohl schwierigste EM-Mission aller 16 Trainer übernommen. Der ehemalige Ausnahmestürmer der Sowjetunion soll die als kaum konkurrenzfähig eingeschätzte Mannschaft ins Viertelfinale führen und am besten gar für ähnliche Sensationen sorgen, wie sie Dänemark 1992 und Griechenland 2004 mit ihren Titelgewinnen vollbrachten.

Träumereien vom Finale
Von außen wagt das zwar kaum jemand zu hoffen, aber in der Mannschaft wird immer wieder auf die beiden größten EM-Wunder verwiesen. Man wolle das Finale in Kiew am 1. Juli erreichen, haben die beiden populärsten Spieler der Ukraine gesagt, Schewtschenko und Timoschtschuk. Auch Blochin beteiligt sich daran. Doch dahinter dürfte mehr Kalkül denn Überzeugung stecken. Denn der 59-Jährige gilt als Trainer, der gerne mit Tricks der Psychologie arbeitet.

Das wird wohl auch nötig sein, denn seine Mannschaft gilt als nur bedingt konkurrenzfähig. Die Verletzungen und Dopingsperren seiner drei zunächst vorgesehenen Torhüter sind nur ein Beispiel. Die zuweilen mangelnde Fitness seiner Spieler ein anderes. „Taktik und Psychologie“, das seien seine Ansätze, hat Blochin deshalb erklärt. Und zumindest für ihn gelte, wie er martialisch formulierte: „Ich bin bereit für die Schlacht. Ich freue mich darauf zu kämpfen.“

„Alle sind fit“

Angehen will er seine komplizierte Aufgabe, wie er sich schon als aktiver Fußballer gesehen hat. „Ich war ein unberechenbarer Spieler. Jetzt bin ich ein unberechenbarer Trainer“, sagt Blochin. So darf wohl auch die merkwürdige Episode rund um das 0:2 im letzten Testspiel gegen die Türkei in Ingolstadt eingeordnet werden, als Blochin behauptete, die Hälfte seiner Mannschaft habe zuvor eine Lebensmittelvergiftung erlitten. Von Sabotage und einem Anschlag war gar die Rede gewesen. Inzwischen sagt er: „Das Thema ist erledigt. Alle 23 Spieler sind fit.“

Zumindest bei Schewtschenko sind Zweifel daran durchaus angebracht. Der 35-Jährige war zuletzt bei Dynamo Kiew nur als Teilzeitkraft aufgefallen. Verrauchte Pokernächte sind genauso überliefert wie Ausflüge in den Golf-Sport. Dafür ließ er auch schon mal ein Spiel mit Dynamo Kiew sausen.

Jokerrolle für Schewtschenko
Der ehemalige Ausnahmestürmer, Champions-League-Sieger 2003 mit dem AC Mailand und Europas Fußballer des Jahres 2004, wird wohl nur in der Jokerrolle auftreten. Doch Schewtschenko ist froh, überhaupt an der Heim-EM teilnehmen zu dürfen, für die er seine Karriere trotz Rückenbeschwerden und anderer Zipperlein in die Länge gezogen hat. „Es ist eine aufregende Zeit. Ich freue mich darauf, dass es endlich losgeht“, sagt er. Mit einem Sieg gegen Schweden würde die EM ihm und der ganzen Ukraine noch mehr Spaß machen.

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