Billige Kritik an der WHO

Eigentlich müssten wir alle längst immun sein – zumindest mental, angesichts der Zahl von Erregern, die uns in den letzten Jahren das Fürchten lehrten. Sars, Vogelgrippe, Schweinegrippe, Ebola, Mers und jetzt Zika geben sich sozusagen die Klinke in die Hand. So unterschiedlich die Bewältigung der Krisen jeweils war, eine Konstante ist den meisten gemeinsam: Die Weltgesundheitsorganisation ist am Ende der Prügelknabe. Auch im aktuellen Fall des Zika-Virus. Seit die WHO Anfang Februar eine «Notlage der öffentlichen Gesundheit von internationaler Tragweite» (Epic) ausgerufen hat, hagelt es Kritik. Panikmache, völlig übertrieben, schreiben Kommentatoren.

Solche Einwände wurden bis jetzt fast jedes Mal laut, wenn die WHO eine solche Notlage ausgerufen hat. Dabei kommt Kritikern entgegen, dass Epic häufig dramatisierend mit «globaler Gesundheitsnotstand» übersetzt wird. Unzufrieden war man auch, als 2009 die WHO während der Schweinegrippe-Pandemie zu diesem Instrument griff. Nachdem sich das Virus als weniger gefährlich als befürchtet herausstellte, wollten es alle schon lange gewusst haben, und man warf den Verantwortlichen Hysterie vor. Bei der Ebola-Epidemie in Westafrika ging der Vorwurf in die entgegengesetzte Richtung. Die WHO habe zu spät und zu zögerlich reagiert, als sie im August 2014 eine Notlage ausrief. Dabei ahnten anfangs auch unabhängige Experten nicht, wie fatal die Epidemie verlaufen würde.

Es scheint egal zu sein, was die WHO in solchen Situationen macht, gemäkelt wird immer. Dabei ist bei der aktuellen Zika-Krise die Ausrufung einer Gesundheitsnotlage durchaus sinnvoll. Zwar besteht die Möglichkeit, dass sich am Ende alle Befürchtungen in Luft auflösen. Doch noch besteht der beunruhigende Verdacht, dass die schweren Geburtsschäden tatsächlich auf das Zika-Virus zurückzuführen sind und sich der Erreger weiter verbreitet. Vor diesem Hintergrund ist es bestimmt nicht übertrieben, wenn die WHO empfiehlt, die Forschung zu intensivieren sowie die Überwachung von Krankheitsfällen und den Austausch von Daten zu verbessern. Von Reisen in betroffene Gebiete rät die WHO übrigens nicht grundsätzlich ab.

(DerBund.ch/Newsnet)

(Erstellt: 10.02.2016, 22:32 Uhr)

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