Die erste Anlaufstelle für Studenten mit Stimmungsschwankungen und Depressionen ist in der Regel die Psychologische Beratungsstelle der Hochschule. Die Diplompsychologin Christine Frank hat in diesem Jahr zahlreiche junge Männer und Frauen beraten. Die Probleme von denen sie erzählen, ähneln sich.
"Umgang mit der Stressbelastung, dann auch psychische Beschwerden, Depressionen. Das jemand sich zum Beispiel nicht mehr organisieren kann im Studium, also auch diese Fälle sehen wir hier."
Von den Studenten selbst will sich vor dem Mikrofon des Journalisten lieber niemand zu dem Thema äußern. Wer zugibt, psychische Probleme zu haben gilt schnell als nicht belastbar und hat vielleicht auch schon Angst deswegen später keinen Job zu bekommen. Immer noch gelten psychische Krankheiten als Stigma.
Dabei haben in den vergangenen Jahren die Fälle von psychischen Erkrankungen gerade unter Studierenden enorm zugenommen. Birgit Derntl, Professorin für Psychologie an der Uniklinik Aachen, nennt alarmierende Zahlen aus der Studie einer gesetzlichen Krankenkasse.
"Also vor allem der Bericht der Technikerkrankenkasse hat hier erste Zahlen und Fakten geliefert. Wo gezeigt worden ist, dass die Zahl der Studenten, die psychisch erkrankt sind von 2006 bis 2010 sich um 50 Prozent erhöht hat."
Insgesamt sind nach dieser Studie rund ein Fünftel aller Studierenden von psychischen Belastungen und Erkrankungen betroffen. Die große Zunahme dieser Fälle hat die Universitätsklinik Aachen veranlasst, das neue Zentrum für psychische Gesundheit zu gründen. Sie soll das Hilfsangebot der psychologischen Beratungsstellen an der RWTH und der Fachhochschule Aachen ergänzen.
"Wir haben nur das Problem in den beiden Universitäten immer wieder gesehen, dass die Studierenden und die Doktoranden nach Dienstschluss in der Nacht keine Möglichkeit hatten, wenn sie massive Probleme haben, unmittelbar einen Ansprechpartner zu finden. Und das ist jetzt gelöst mit dem neuen Zentrum."
,sagt Professor Frank Schneider, Direktor der Klinik für Psychiatrie an der Uniklinik Aachen.
Studierenden in Not steht in dem neuen Zentrum für Psychische Gesundheit jetzt rund um die Uhr ein Ansprechpartner zur Verfügung.
"Sie müssen auch bedenken, dass wir eine so genannte Notfallhotline haben. Das heißt, Studierende und Doktoranden können sich rund um die Uhr das ganze Jahr, also auch Weihnachten und mitten in der Nacht, bei uns melden und sich mit einem Psychiater oder Psychotherapeuten auseinandersetzen."
Das aus sechs Experten bestehende Team des Zentrums soll vor allem auch dafür sorgen, dass den Patienten schneller geholfen wird. Denn die psychologischen Beratungsstellen an der RWTH und der Fachhochschule Aachen können nur eine erste Beratung leisten. Schwere Fälle müssen sie normalerweise an niedergelassen Ärzte verweisen. Aber deren Praxen sind völlig überlaufen, weiß die Psychologin Christine Frank.
"Die Versorgungssituation, gerade was psychotherapeutische Behandlung anbelangt, ist natürlich desolat, weil es einfach zu wenig Kapazitäten gibt. Die Wartezeiten sind viel zu lang und es erfordert einen immensen Einsatz des Betroffenen sich um entsprechende Plätze zu kümmern."
Aber dazu sind viele Patienten, die zum Beispiel an einer schweren Depression leiden, gar nicht in der Lage. Die Wartezeit auf einen Therapieplatz verschlimmert die Symptome. Da setzt die Hilfe der Fachleute des Zentrums für psychische Gesundheit ein.
"Wir sehen uns vor allem als Überbrückungsinstitution. Das heißt, wir wollen hier nicht langfristige Psychotherapien starten, dafür hätten wir keine Kapazität. Denn dann wären wir nach 20 Studenten voll. Aber das wir immer überbrücken, diese vier bis sechs Monate, bis sie irgendwo unterkommen, das können wir natürlich immer wieder leisten."
Es liegt auch im Interesse der Hochschulen, Studierenden mit psychischen Problemen so schnell wie möglich zu helfen, damit sie ihr Studium erfolgreich absolvieren und mit Abschluss verlassen können.