Im Zuge der Finanzkrise von 2007 ist das Vertrauen vieler Menschen in ihren Bankberater und in den Finanzsektor im Allgemeinen gesunken. Seitdem stehen nicht zuletzt auch das Wertegeflecht und die ungeschriebenen Regeln innerhalb der Branche in Verdacht, solche verheerenden Entwicklungen zu begnstigen, indem sie die Moral der Mitarbeiter regelmig auf die Probe stellen. Wie sehr das Verhalten von Bankern tatschlich durch ihren Berufsstand geprgt wird, haben daher nun Forscher um Alain Cohn von der Universitt Zrich untersucht.
Die Schweizer Forscher lieen dazu 128 Angestellte einer groen internationalen Bank eine kurze Onlinebefragung absolvieren. Ein Teil der Probanden musste dabei nur ganz allgemeine Fragen zu ihren Lebensumstnden beantworten, also etwa: "Wie viele Stunden pro Woche sehen Sie fern?" Den anderen Teilnehmern riefen die Forscher dagegen mit ganz gezielten Fragen wie "Fr welche Bank sind Sie aktuell ttig?" ihren beruflichen Hintergrund in Erinnerung. Anschlieend sollten alle Versuchspersonen zehn Mal eine Mnze werfen und das Ergebnis nennen. In jedem Durchgang konnten sie dabei eine Belohnung von immerhin 20 US-Dollar gewinnen, je nachdem, ob sie "Kopf" oder "Zahl" nannten. Bei welchem Resultat das Geld winkte, war vorher stets bekannt. Auf diese Weise wollte die Wissenschaftler die Ehrlichkeit ihrer Probanden testen.
Unter normalen Bedingungen zeigte sich, dass die Bankangestellten meist die Wahrheit sagten im Durchschnitt nannten sie bei rund 51 Prozent aller Mnzwrfe das gewinnbringende Ergebnis. Waren die Teilnehmer aber zuvor an ihren beruflichen Hintergrund erinnert worden, kassierten sie stattdessen in 58 Prozent aller Flle Geld. Aus statistischen Gesichtspunkten gehen die Forscher also davon aus, dass die Probanden der zweiten Gruppe hufiger flunkerten und das tatschliches Ergebnis zu ihren Gunsten abnderten.
Kein Effekt bei anderen Berufsgruppen
Um das Phnomen weiter einzugrenzen, fhrten die Forscher den gleichen Versuch mit Angestellten aus anderen Sektoren durch etwa aus der Telekommunikations- oder der IT-Branche. Hier zeigten sich allerdings keine Unterschiede, wenn den Probanden zuvor ihr Beruf ins Gedchtnis gerufen wurde. Um auszuschlieen, dass es eher der Aspekt des Geldes als der des Berufstandes war, der die Ergebnisse beeinflusste, befragten Cohn und sein Team auch ber 100 Studenten nach ihren Bankgeschften, bevor sie diese den Mnztest absolvieren lieen. Auch hier stellten sie keinen Effekt im Vergleich zur Kontrollgruppe fest.
Die Wissenschaftler glauben daher, dass es vor allem die Bankenkultur ist, welche die Ehrlichkeit der Bankangestellten senkt. Diese These deckt sich mit einem Modell aus der Sozialpsychologie, nach dem alle Menschen im Laufe ihres Lebens zahlreiche verschiedene soziale Identitten durch die Zugehrigkeit zu bestimmten Gruppen entwickeln. Diese Identitten hngen auch mit unterschiedlichen sozialen Normen zusammen und welche von ihnen zum Vorschein kommt, wird dadurch bestimmt, welche Gruppenmitgliedschaft in der gegebenen Situation gerade besonders bedeutsam ist. Im Falle der Bankangestellten, die vorher zu ihrem Beruf ausgefragt wurden, wre das dann die des Bankers.
Cohen und Kollegen glauben, dass man das Vertrauen der Menschen in den Finanzsektor wieder strken knnte, wenn es gelnge, diesen Effekt auszutricksen. Sie schlagen daher etwa vor, Angestellten einer Bank hnlich wie rzten eine Art Eid abzunehmen, um so auch die Wertvorstellungen zu verndern, die sie mit ihrer professionellen Identitt verknpfen.
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