Aus der Ausschreibung des Preises für frauen-/genderspezifische / feministische Forschung der Universität Innsbruck, wie Rektor Märk in seiner Ansprache es ausdrückte „einer der renommiertesten Forschungspreise der Universität Innsbruck“, gingen heuer eine Dissertation aus der Architektur und eine Masterarbeit aus der Psychologie als Siegerarbeiten hervor. Am 2. Dezember 2014 wurden die beiden Arbeiten im Rahmen eines Festakts durch den Rektor der LFU, Univ.-Prof. Dr. Dr.Dr.h.c.mult. Tilmann Märk. Die Preishöhe umfasst insgesamt 3000 Euro.
Wie wird „die Hausfrau“ räumlich konstruiert?
DI Dr.in Irmi Peer hat in ihrer Dissertation „Performance zuhause. Untersuchung zu performativer Raumproduktion und dem sozialräumlichen Phänomen ‚Hausfrau’ anhand von Darstellungen aus Architektur und Bildender Kunst 1926-1982“ einen grundlegenden feministischen Diskurs aus den 1970er und 1980er Jahren wieder aufgenommen, nämlich die vielschichtige Hausarbeitsdebatte. Sie transportierte diese Fragestellung in die Architektur und die Kunst und verflocht sie mit theoretischer Literatur über Handlungsoptionen (Foucault, de Certeau, Haraway) sowie mit Ergebnissen feministischer Forschungen. Damit entwickelte sie eine grundlegende raumbezogene Kritik an einem Klassiker der Haushaltsführung, der Frankfurter Küche. Peer behandelt die alt-neue gesellschaftspolitische Frage der unsichtbaren und unbezahlten Hausarbeit sowie die Tatsache, dass diese nach wie vor überwiegend vom weiblichen Teil der Bevölkerung erledigt wird. Das Besondere an dieser Dissertation ist, dass die Verfasserin auch eigene künstlerische Arbeiten und somit eigene Positionen über „räumliche Handlungen“ präsentiert.
In der Geschichte des Preises wurde heuer zum ersten Mal eine Arbeit aus der Architektur eingereicht und gelangte gleich aufs Podium.
Die Dominanz des „Entweder-weiblich-oder-männlich“ und nichts dazwischen
Die zweite mit dem diesjährigen Preis ausgezeichnete Arbeit – eine an der Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaften eingereichte Masterarbeit – trägt den Titel „Die (Re)Produktion von Geschlechternormen in der transsexuellen Praxis. Eine subjektwissenschaftlich orientierte Analyse“. Frau Tanja Vogler befasst sich darin mit einem in der akademischen Psychologie bislang selten aufgegriffenen Thema: der Transsexualität. Die Stärke dieser Arbeit liegt in ihrer theoretischen Fundierung und konsequenten Anwendung der kritischen Psychologie in Verbindung mit Butlers philosophischer Kritik an der heterosexuellen Matrix. Anhand der sogenannten transsexuellen Praxis der sozialen Transition und operativen Geschlechtsangleichung wird in dieser Arbeit der Frage nach der Aufrechterhaltung und gesellschaftlichen Hartnäckigkeit der Geschlechternormen und des darin verankerten Zwei-Geschlechtermodells nachgegangen.
Beide Arbeiten wurden im Rahmen einer wissenschaftlichen Würdigung ausführlich dargestellt und ihre besonderen Qualifikationen für diesen Preis unterstrichen. „Für mich stellt diese öffentliche Anerkennung meiner wissenschaftlichen Arbeit basierend auf der kritischen Geschlechterforschung eine wichtige Bestätigung meines Weges dar“ betonte Tanja Vogler in ihren Dankesworten.
Eine Auszeichnung mit einer langen Tradition
Seit 2001 wird dieser Preis jährlich für akademische Abschlussarbeiten ausgeschrieben, die ihre jeweilige fachliche Forschungsfrage unter einer kritischen Geschlechterperspektive bearbeiten. 2014 gab es insgesamt 15 Einreichungen, die – unter einer geschlechtsspezifischen Fragestellung – in den Bildungswissenschaften, der Anglistik, der Romanistik, der Theologie, den Rechtswissenschaften, der Vergleichenden Literaturwissenschaft, der Biologie und der Geschichte verfasst wurden. Die große Bandbreite der fachlichen Ausrichtungen macht deutlich, wie sehr die Genderperspektive in die akademische Lehre eingegangen ist.
(Elisabeth Grabner-Niel, Büro für Gleichstellung und Gender Studies)