Spinne: Phobie lässt Tier größer erscheinen (Foto: pixelio.de, J. Kleinschmidt)
Freiburg/London (pte001/27.10.2012/06:00) -
Phobien ändern die räumliche Wahrnehmung. Eine Spinne oder eine Schlange kann so viel näher erscheinen als sie in Wirklichkeit ist. Das haben Psychologen der an der Birkbeck University of London http://bbk.ac.uk belegt. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass Emotionen und Wahrnehmung im Kopf nicht vollständig trennbar sind", sagt Studien-Mitautorin Stella Lourencoe. "Angst kann sogar grundlegende Aspekte ändern, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen. Unsere Ergebnisse haben Auswirkungen auf das Verständnis klinischer Phobien."
Trieb zum Weglaufen angeboren
Menschen haben in der Regel einen gut entwickelten Sinn dafür, wie schnell Objekte auf sie zukommen. Je mehr Angst im Spiel ist, umso mehr verschätzen sich Menschen mit der Distanz und Geschwindigkeit, wie schnell oder langsam etwa eine Spinne auf sie zukommt. "Das Bemerkenswerte ist, dass es evolutionsgeschichtlich sinnvoll ist, vor Tieren wegzulaufen, die gefährlich sein können", sagt Lourenco. "Bei einer echten Gefahr ist es besser eine halbe Sekunde zu früh auszuweichen als eine halbe Sekunde zu spät."
Eine veränderte Wahrnehmung trifft jedoch nicht nur bei einer Spinnenphobie zu. "In Studien konnte gezeigt werden, dass Menschen mit einer sozialen Phobie meinen, auch in neutralen Gesichtern Emotionen erkennen zu können", sagt Julian Schmitz, Psychologe an der Universität Freiburg http://www.psychologie.uni-freiburg.de , gegenüber pressetext. Es gebe bei Phobien immer auch eine sogenannte Wahrnehmungsverzerrung. Die Ergebnisse der Londoner Studie passten in das Verständnis dessen, was die Psychologie von Angststörungen hat.
"Wunderheiler" in der Kritik
Wer an Angststörungen leidet, findet im Internet eine Menge Heilpraxen und Therapiezentren, von denen einige auch nicht seriös sind. "Einen seriösen Therapeuten erkennt man daran, dass er mit der Krankenkasse abrechnen kann", sagt Schmitz. Es tummeln sich allerdings abenteuerliche "Heiler", die meinen, Angststörungen behandeln zu können.
Schmitz meint ohnehin, dass Menschen, die durch ihre Angst nicht übermäßig leiden, nicht unbedingt eine Therapie brauchen. Das kann etwa sein, wenn jemand Angst vor Schlangen hat - das hat keine Alltagsrelevanz. "Wenn jemand aber eine soziale Phobie hat und nicht mehr aus dem Haus geht, ist das ein alltägliches Problem", unterstreicht Schmitz. So ein Mensch brauche dann dringend Hilfe von einer geschulten Person.
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