Allg. Zeitung Mainz: Zwänge / Kommentar zu Griechenland | Pressemitteilung …

Mainz (ots) - Vor langer Zeit, als die Pädagogik noch autoritär war, gab es den Begriff des "Schrei-Kindes": ein Nachkomme, nicht selten ein Lieblingssprößling, der durch laute Nervigkeit Wohltaten und Aufmerksamkeit erzwang. Unabhängig von allen ökonomischen und politischen Umständen kann man getrost festhalten, dass die griechischen Regierungen mindestens der vergangenen zwei Jahrzehnte Schrei-Kinder in diesem Sinne waren beziehungsweise sind. Die wilde Tsipras-Truppe allzumal. Sie stieß zum Schluss allerdings hart an Grenzen. Und wie auch immer dieses Wochenende ausgeht, welchen letzten Chancen noch allerletzte oder allerallerletzte folgen: Es ist für alle Zukunft klar geworden, dass sich Leute wie Merkel, Juncker, Schäuble oder Hollande nicht wie Idioten an der Nase herumführen lassen. Genauso klar ist aber auch, dass die EU unter unglaublichen politischen Zwängen steht. Symbolik ist Psychologie, und mindestens 70 Prozent der Politik besteht aus Psychologie. Ausgerechnet Griechenland, die Wiege der Demokratie, in puncto Euro über den Jordan gehen lassen? Zudem: Athen ist geostrategisch ein überaus wichtiges Nato-Land, darauf weisen vor allem die Amerikaner hin, vehement und mit Recht. Unabhängig von dem heißen Wochenende, das vor uns liegt, sind für Griechenlands Zukunft die Aspekte "Gerechtigkeit" und "Korruption" entscheidend. Staatsverachtung als Prinzip - deshalb zahlen viele Griechen keine Steuern. Und der Staat reagiert darauf, indem er die Kaste der unantastbaren Reichen noch mehr hätschelt und bei Korruption noch öfter weg schaut. Ein Teufelskreis, den eine neue, junge Generation mit einem Mentalitätsumschwung durchbrechen muss.

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Allgemeine Zeitung Mainz
Florian Giezewski
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