Ewig will der Groschen nicht fallen, und dann plötzlich wird alles klar. Zwei Neurowissenschaftler haben diesem Phänomen nun ein Buch gewidmet. «Das Aha-Erlebnis» klärt auf, wie es zu plötzlichen Einsichten kommt. Und es bietet Tipps dafür, wie sie sich öfter erzeugen lassen.
John Kounios ist Professor für Psychologie an der Drexel University in Philadelphia, Mark Beeman hat den Lehrstuhl für Psychologie an der Northwestern University in Illinois inne. In ihrem Buch zitieren die Forscher typische Sätze bei plötzlichen Einsichten: «Es hat einfach klick gemacht», «Plötzlich fügte sich eins ins andere», «Der Groschen ist gefallen» oder auch «Es viel mir wie Schuppen von den Augen». Was der Laie Geistesblitz, Eingebung oder Erleuchtung nenne, werde von Psychologen «Einsicht» genannt und als Form der Kreativität betrachtet.
Wer beim Scrabble-Spiel die Buchstaben A-E-H-I-P-N-E-P-I vor sich habe und plötzlich begreife, dass er daraus das Wort EPIPHANIE bilden kann, habe eine solche Einsicht. «Wenn Sie systematisch verschiedene Buchstabenkombinationen durchprobieren, bis Sie auf das Wort kommen, ist das Analyse.»
Berichtet wird auch von einem Feuerwehrmann, der bei der Flucht seiner Gruppe vor einem Buschfeuer plötzlich stehenblieb – und selbst ein Feuer entzündete. Auf dem verbrannten Fleck habe er, umtost von Flammen, überlebt. 13 der anderen 15 Feuerwehrleute seien gestorben.
Die Autoren gehen zudem auf die unglaubliche Leistung des Piloten Chesley Sullenberger ein, der sein Flugzeug 2009 auf dem Hudson River landete, nachdem Vögel in die Triebwerke geraten waren. «Innerhalb eines Augenblicks kamen Training und Erfahrung aus Jahrzehnten zum Tragen.»
Sullenberger habe nicht lange mit Flughöhen, Entfernungen zu Flugplätzen und weiteren Details herumgerechnet, sondern sei durch Einsicht zu einem Ergebnis gekommen – binnen einer Minute. Alle 155 Passagiere und Besatzungsmitglieder überlebten die Notwasserung.
Beschrieben wird, wie es gelang, das Geschehen im Gehirn bei einem «Aha-Erlebnis» zu verfolgen – obwohl man die Probanden ja schlecht rund um die Uhr verfolgen und auf spontane Einsichten warten konnte. Sie bekamen vielmehr Rätsel mit drei Worten wie «Fell», «Schmerz» und «Tanz», zu denen ein für alle drei passendes Wort als Kompositum gefunden werden sollte – in diesem Fall «Bauch». Das Rätsel konnte entweder analytisch oder durch Einsicht gelöst werden – so dass sich die Gehirnaktivität beider Lösungswege vergleichen ließ.
«Im Augenblick des Aha-Erlebnisses leuchtet ein Schüsselbereich der rechten Hemisphäre auf», erläutern die Forscher. Typisch für eine Einsicht sei zudem ein immenses Gefühl der Freude und Bedeutsamkeit. Die Erfahrung, dass Einsichten plötzlich kommen, ist demnach hingegen eine trügerische. Die Forscher erklären, dass das Gehirn im Kern so etwas wie eine Erwartungsmaschine ist, was Menschen, Gegenstände, Situationen und Orte angehe. «Im alltäglichen Leben ist funktionelle Fixierung eine Erleichterung und kein Fluch.»